Kommentar zur Verlegung des Wochenmarktes Kolk als Chance nutzen

Wuppertal · Der Streit zwischen „der Stadt“ und den Händlern vom Neumarkt ist voll entbrannt. Die Briefe, die man sich gegenseitig geschickt hat, haben wir auf der Titelseite dieser Ausgabe auszugsweise veröffentlicht.

Blick auf den Wochenmarkt.

Blick auf den Wochenmarkt.

Foto: Wuppertaler Rundschau

Komplett nachzulesen sind sie hier auf unserer Homepage. Das ist aber noch längst nicht alles: Weitere Post, die zwischen Frank Schmitz, dem 1. Vorsitzenden des Vereins „Marktgemeinschaft Elberfelder Neumarkt“, und dem Elberfelder Bezirksbürgermeister Thomas Kring hin- und hergegangen ist und geht, befindet sich im Mail-Fach unserer Redaktion. Wo sie angesichts des Tones der Auseinandersetzung besser auch bleibt.

Ich lebe seit 1965, seit ich drei Jahre alt bin, in Wuppertal. Aufgewachsen bin ich in der Poststraße, der Markt auf dem Neumarkt war immer eine Selbstverständlichkeit. Er war damals groß, hat große Zeiten erlebt. Die sind allerdings – und ich finde, das darf man deutlich sagen – leider vorbei. Heute prägen vor allem mehrere „Speise-Wagen“ das Bild: Gemüse, Käse, Gewürze, Fleisch & Co. sind auf dem Rückzug.

Sehr weh tut noch etwas anderes: Die dem Elberfelder Rathaus zugewandte Fläche des Areals ist zu einer von Baken, Zäunen und armseligen Werbe-Lappen geprägten Lagerstätte fürs städtische beziehungsweise WSW-eigene Innenstadt-Baustellenmaterial verkommen. Das hätte nie zugelassen werden dürfen.

Wie schon in Sachen Poststraße und ihrer Nebenstraßen rächt sich jetzt die Tatsache, dass eine klug durchdachte und mit allen Betroffenen lange im Vorfeld kommunizierte Stadtentwicklungsstrategie für die City jahrelang auf Eis lag. Oder kurz gesagt: Mahlzeit – jetzt haben wir den Salat.

Apropos Salat: Ich bin fest davon überzeugt, dass der Wochenmarkt an (s)einem – eventuell sogar dauerhaften – neuen Standort auf dem Platz am Kolk sehr gut aufgehoben ist. Der Markt würde dort konzentrierter wirken, könnte sich strategisch neu aufstellen – und würde zusammen mit dem Post-Hotel-Gebäude und der Kirche am Kolk ein attraktives Innenstadt-Ensemble bilden.

Für den Neumarkt muss dann allerdings unbedingt – und zwar jetzt, nicht irgendwann – eine tragfähige Planung entwickelt werden, die auch über die „Bergische Expo“ hinaus reicht. Für die und ihre über 60 Aussteller wird am 1. und 2. September die komplette City – inklusive Neumarkt – gebraucht.

Es wäre nämlich schon ein echter Lachschlager, wenn in Zukunft ein Markt-Platz am Kolk brummt, der Neumarkt aber dann ins Kaufhof-Schließungs-Koma fällt. Und daraus nur während der Weihnachtsmarktzeit kurz aufwacht.

Was ich aktuell besonders traurig finde: Immer und immer wieder, wenn in Wuppertal etwas Neues überlegt wird und auf die Schiene gesetzt werden soll, formiert sich ein erstaunlich hartleibiger Widerstand. Dessen Motto lässt sich so zusammenfassen: Alles soll möglichst so bleiben, wie es ist – auch wenn es so, wie es ist, nicht optimal ist.

So entwickelt sich keine Zukunft. Im Gegenteil. Es bleibt das Bild einer (Innen-)Stadt im Gedächtnis, wie ich es am vergangenen Sonntag auf dem Weg Richtung Poststraße zum Besuch bei meiner Mutter gesehen habe: Ein leerer, trost- und baumloser Karlsplatz mit rot-weißer Baustellenzaunabsperrung in der Mitte – und vor dem Hinterausgang der Rathaus Galerie dreht sich viel flugfähiger Müll im warmen Sommerwind. Zum Heulen.

Den „Parteien“, die sich beim Streitthema Neumarkt und Platz am Kolk gegenüber s(t)ehen, empfehle ich die Beauftragung einer professionellen, unabhängigen Mediation, also einer Gesprächsvermittlung. Schade, dass Heiner Geißler nicht mehr lebt. Der hat damals die „Stuttgart 21“-Kuh vom Eis geholt. In Wuppertal könnte man ihn jetzt gut gebrauchen.