Kommentar über den WSV Lieber Ruhe als Transparenz

Wuppertal · Nein — nicht wirklich! Niemand kann ernsthaft behaupten, dass ihn die Nachricht, die der Fußball-Regionalligist WSV am Sonntag offiziell herausgab, überrascht hat. Spätestens seit Herbst hat die Rundschau regelmäßig über die finanziellen Probleme des Vereins berichtet — von fehlenden Erfolgen im Marketingbereich bis hin zu den weit unter den Erwartungen gebliebenen Zuschauerzahlen.

 Redakteur Jörn Koldehoff ist über die Nachricht des WSVs nicht überrascht.

Redakteur Jörn Koldehoff ist über die Nachricht des WSVs nicht überrascht.

Foto: Osswald

Natürlich ist es an der Zeit, die Frage nach der Ursache zu stellen. Und liegt die Feststellung nahe, dass der Etat offenbar nicht einmal annähernd gedeckt war — sondern darauf aufbaute, dass sportlicher Erfolg die Sponsoren und Fans ins Stadion bringen würde. Eine gewagte Variante.
Der dritte Tabellenplatz am Ende der Spielzeit 2017/18 und die Aussicht auf den direkten Aufstiegsplatz hatten intern Begehrlichkeiten geweckt. Man wolle bis zur Winterpause den Kontakt zur Spitze halten, so das Saisonziel. Dass der KFC Uerdingen und Viktoria Köln satte 20 beziehungsweise 16 Punkte vor dem WSV lagen, spielte dabei kaum eine Rolle. Obwohl der Etat (950.000 Euro für die erste Mannschaft) eben nicht ausreichte, um wirkliche Topspieler zu holen.

Das alles mag verständlich sein: Mittelmaß ist in Wuppertal keinem Sportfan zu verkaufen. Ärgerlich wurde es allerdings, als die Führungsetage noch bis weit in den Herbst verlautbarte, alles laufe gut, die Sponsoren-Akquise inklusive. Zu sehen war davon nichts. Erst im Dezember räumte Vorstandssprecher Lothar Stücker gegenüber der Rundschau ein, das Konzept "WSV 2020" (mit angepeiltem Aufstieg) sei gescheitert.

Die große personelle Fluktuation seit 2013, die nicht wenigen Arbeitsverträge im Umfeld — Themen, die der WSV intern aufzuarbeiten hat. Es ist vor allem die (freundlich ausgedrückt) unglückliche Öffentlichkeitsarbeit, die für Kopfschütteln sorgt. Zumindest bei denjenigen, die zwar nicht glühende Anhänger, aber immerhin Sympathisanten sind.
Klare Aussagen sind selten. Stattdessen verschickt der Club zuweilen kryptische Pressemitteilungen. Den Satz "Die Auswertung der aktuellen Ergebnisse, beispielsweise der Rückgang der Zuschauerzahlen, zeigt, dass die Konzeption ,WSV2020‘ inhaltlich ausgesprochen erfolgreich ist, finanziell und zeitlich aber zu ambitioniert gewesen ist" muss man nicht unbedingt verstehen. Die sarkastische WSV-Stellungnahme von Montag unter der Überschrift "Beerdigung abgesagt" ist mit der Drucksituation und der Verärgerung über (Agentur-)Meldungen über einen angeblichen Kollaps zu erklären, auch wenn der Kern (teure Spieler sollen möglichst gehen) der Aussagen bestätigt wurde.

Doch allein der Eiertanz um die Horst-Buhtz-Stiftung (angeblich gegründet, dann doch nicht) verspielt Glaubwürdigkeit. Die zu Beginn von "WSV 2.0" versprochene gnadenlose Transparenz ist weder notwendig noch sinnvoll. Eine ruhige und unaufgeregte Außendarstellung würde schon reichen. Das gilt umso mehr, als die Lage immer schwieriger wird. Kaum ein Verein in der 3. und 4. Liga hängt nicht am Tropf. Die Ausgangssituation im Bergischen Land ist alles andere als optimal. Der WSV verfügt über einen harten, aber nur kleinen Fan-Kern. Sportsponsoren sind in der Region rar. Die, die sich engagieren, mögen keine Unruhe.

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