Einrichtungsbezogene Impfpflicht Slawig: „Gesetzliche Umsetzung ist schlecht gemacht“

Wuppertal · Wer im Gesundheitssektor arbeitet, für den gilt ab Mitte März eine so genannte einrichtungsbezogene Impfpflicht. Wuppertals Krisenstabsleiter Johannes Slawig sprach mit Rundschau-Redakteurin Nina Bossy darüber, wie das neue Gesetz von der Stadt umgesetzt wird.

 Krisenstabsleiter Johannes Slawig.

Krisenstabsleiter Johannes Slawig.

Foto: Christoph Petersen

Rundschau: Ab dem 16. März gilt bundesweit eine einrichtungsbezogene Impfpficht. Welcher Prozess setzt sich im Gesundheitsamt gerade in der Vorbereitung in Gang?

Slawig: „Die Umsetzung wird aktuell mit Hochdruck im Gesundheitsamt vorbereitet. Zunächst werden die gesetzlichen Vorgaben erfasst, Prüfungsgegenstände identifiziert und erste grobe Prüfungsschemata entwickelt. Weil das Gesetz viele unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, gibt es erheblichen Klärungsbedarf. Daher warten die Kommunen dringend auf Umsetzungsvorgaben durch Bund oder Land.“

Rundschau: Die Träger der Einrichtungen müssen den Impfstatus ihrer Mitarbeiterschaft dem Gesundheitsamt melden. Angenommen, ein Träger meldet 18 nicht geimpfte Personen. Was passiert im nächsten Schritt?

Slawig: „Nach Meldung durch den Träger wird zuerst die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter durch das Gesundheitsamt angehört. Die angegebenen Gründe werden geprüft und fachlich gewertet. Jeder Einzelfall ist dabei individuell zu betrachten. Etwa, ob der Betroffene ausreichend belastbare Gründe anführen kann, warum er sich nicht impfen lassen kann. Dies erfordert einen sehr hohen Aufwand und wird zudem zu einer erheblichen Verfahrensdauer führen, möglicherweise auch zu rechtlichen Auseinandersetzungen.“

Rundschau: Angenommen, wie in unserem Beispiel, das Gesundheitsamt spricht 18 Beschäftigungsverbote aus. Ist dann der Träger wieder in der Verantwortung, diese Verbote auch durchzusetzen?

Slawig: „Dies ist eine der vielen Fragen, die noch nicht geklärt sind. Natürlich darf der nicht-geimpfte Arbeitnehmer nicht in der Einrichtung beschäftigt werden. Dafür muss sicherlich auch der Träger sorgen. Wie diese Beschäftigungsverbote rechtlich einzuordnen sind und welche Folgen damit verbunden sind, werden voraussichtlich am Ende Gerichte klären.“

Rundschau: Wir sprechen nicht nur von den direkten Angestellten in Seniorenheimen und Krankenhäusern. Auch Dienstleister wie Friseure, die in die Einrichtungen gehen, sind betroffen. Genauso wie Menschen, die in Beratungsangeboten arbeiten, auch Physiotherapeuten. Wie viele Wuppertalerinnen und Wuppertaler schätzen Sie, werden unter diese einrichtungsbezogene Impfpflicht fallen?

Slawig: „Wie viele Beschäftigte betroffen sein werden, ist nicht bekannt.“

Rundschau: „Die Organisation und Umsetzung stemmt das Gesundheitsamt. Wie viele Mitarbeitende hat derzeit das Gesundheitsamt? Wie wird diese Mehrarbeit organisiert und bewältigt?

Slawig: „Aktuell sind im Gesundheitsamt 81 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Hinzu kommen 302 befristet Beschäftigte, vor allem Studierende, aber auch 41 Soldaten der Bundeswehr. Die neue Impfpflicht umzusetzen, bedeutet für das Gesundheitsamt eine große zusätzliche Belastung.“

Rundschau: Der Krisenstab hat schon öfter für eine Impfpflicht plädiert. Gleichzeitig ist seit Wochen von der totalen Überlastung des Gesundheitsamts die Rede. Hatten Sie sich eine Impfpflicht und ihre Durchsetzung anders vorgestellt und gewünscht?

Slawig: „Nach wie vor halte ich eine allgemeine Impfpflicht für notwendig. Denn die Impfquote in Deutschland ist viel zu gering, um eine wirkungsvolle Eindämmung der Pandemie zu erreichen. Daher begrüße ich die einrichtungsbezogene Impfpflicht als ersten Schritt, vor allem zum Schutz der besonders gefährdeten Mitmenschen. Allerdings: Die gesetzliche Umsetzung ist schlecht gemacht. Denn anders als in europäischen Nachbarländern wie Österreich oder Italien hat sich der Bund für individuelle Regelungen entschieden und nicht auf eine generelle Impfpflicht gesetzt. Umso wichtiger sind jetzt klare einheitliche Ausführungshinweise, zum Beispiel zu medizinischen Indikationen und rechtssichere Regelungen durch den Bund oder das Land. Darauf warten wir Kommunen sehnsüchtig. Denn die Städte und Gemeinde dürfen bei der Umsetzung dieses wichtigen Projektes nicht allein gelassen werden.“

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