"Mehr Wuppertal wagen: Was bedeutet das für Sie?" "Wuppertaler sind ein zäher Haufen"

Wuppertal · "Mehr Wuppertal wagen: Was bedeutet das für Sie?" — das wollten wir von fünf Protagonisten der Stadt wissen. Hier die Antworten.

Jana-Sophia Ihle, Alte Feuerwache:
"Freitag, 22 Uhr, ich sitze in Sofias Restaurant auf der Gathe. Blaulicht kündigt einen Protestmarsch an, der Solidarität mit Opfern rassistischer Gewalt fordert. Zeitgleich stockt der Verkehr, weil die ,critical mass', ein Demonstrationszug auf Fahrrädern, die Kreuzung blockiert. Kurz zuvor ist es uns dank generöser Unterstützer gelungen, die dritte ,8samkeitsgruppe' zu gründen. Das ist nicht Berlin, nicht Hamburg, das ist Wuppertal — eine Stadt, reich an bürgerschaftlichem Engagement, durchsetzt von produktiven Initiativen!"

Andreas Conrad, Kreislehrlingswart:
"Jungen Menschen eine Form von Familie bieten. Ausbildung im Handwerk bedeutet, in ein Team integriert zu werden, eine kleine Familie eben. Aufnahme von Schülern aus Förderschulen, den Migrationshintergrund einzubeziehen, auch Integration von Behinderten als Inklusion in den Handwerksbetrieb: Das wird in Wuppertal wirklich gelebt. ,Mehr Wuppertal wagen' ist für mich, vielen Hauptschülern die Möglichkeit für ein Praktikum im Handwerk zu geben. Mal nicht auf die Noten zu schauen, sondern auf den Menschen."

Vok Dams, Event-Kultur-Erfinder:
Wuppertal wird gemanagt — nicht verwaltet. Das ist beispielhaft. Gäbe es eine Junior Uni, wenn ,nur' verwaltet würde? Eine Nordbahntrasse, einen Skulpturenpark, ein Tanztheater? Eine Universität mit diesem Niveau, eine Gründerszene mit erfolgreichen Start-Ups und Unternehmen, die vielfach Weltmarktführer in ihrem Bereich sind? Eine (modernisierte!) weltberühmte Schwebebahn oder ein Briller Viertel, das den Pioniergeist des 19. Jahrhunderts widerspiegelt? Nicht zu vergessen das Von der Heydt-Museum, den Zoo, der sich völlig neu aufstellt und internationale Maßstäbe setzt, eine eigene Kultur-Szene und ein Szeneviertel in der Luisenstraße, die ihresgleichen suchen. Und nicht zuletzt ,Utopiastadt', mit der eine Vision Realität wurde. Jetzt fehlt nur noch, dass sich Deutschlands ,einzigartiges' Dezernat für Bürgerbeteiligung als dynamisches Innovations- und Kompetenzzentrum entwickelt.

Mark Tykwer, "Talflimmern"-Macher:
"Ende der Nuller-Jahre versank die Stadt für kurze Zeit in einer Art Depression. Doch die Schockstarre hielt nicht an, und in den vergangenen zwei, drei Jahren hat sich die Stimmung tatsächlich komplett gedreht. Die Wuppertaler sind ein zäher Haufen, es wird gesponnen und gestritten, auch in Zeiten der Krise. Beinahe trotzig gründen sie Vereine, um ihren Fluss wiederzuentdecken, sie arbeiten unermüdlich an der Vision, im Mirker Quartier ein Naturbad zu errichten, oder sie denken ernsthaft über eine Seilbahn nach, die Uni und Hauptbahnhof verbindet. Toll wäre es, städtebauliche Entscheidungen in Zukunft viel stärker als bislang an ökologischen und ästhetischen Kriterien zu orientieren. Denn so viel ist sicher: Die Menschen wollen eine schöne Stadt!"

Andreas Mucke, Oberbürgermeister:
Das größte Potenzial Wuppertals ist das herausragende bürgerschaftliche Engagement der Menschen. Vieles in unserer Stadt wäre nicht möglich, gäbe es nicht die vielen Wuppertalerinnen und Wuppertaler, die sich in Vereinen, in caritativen Institutionen und in Hilfsorganisationen einsetzen und so Wuppertal gestalten. Sie alle sind Vorbild! Aktuelles Beispiel ist unsere positive Willkommenskultur, die wir bei der Aufnahme, Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen zeigen und die in ganz Deutschland gewürdigt wird. Wuppertals Stärke ist unser Pioniergeist, Wagemut und Gestaltungswille: Wir haben es geschafft, die Nordbahntrasse umzubauen und damit unserer Stadtentwicklung neue Impulse zu geben. Die Menschen setzen sich in ihren Quartieren ein und gestalten sie lebens- und liebenswert. Diese Mentalität und Aufbruchstimmung ist das, was unsere Stadt ausmacht!"

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