Prof. Dr. Maria Anna Kreienbaum Nach Sambia in andere Welt

Wuppertal · Internationale Kontakte sind ein Markenzeichen des wissenschaftlichen Engagements von Maria Anna Kreienbaum. Oft ist die Professorin der Bergischen Universität mit Studierenden im Rahmen von EU-geförderten Projekten zu Erkundungsfahrten in andere Länder aufgebrochen, zunächst um die Schulsysteme der europäischen Nachbarstaaten zu erkunden. Mittlerweile gehen die Reisen auch ins südliche Afrika.

 Prof. Dr. Maria Anna Kreienbaum

Prof. Dr. Maria Anna Kreienbaum

Foto: UniService Transfer

Schon mehrfach war sie mit Studierenden in Sambia, um das Land sowie seine Menschen und insbesondere das Bildungssystem kennenzulernen. In der aktuellen Bergischen Transfergeschichte berichtet die Professorin von der Fakultät für Human- und Sozialwissenschaften über ihre Erfahrungen sowie von den Planungen für einen ersten bundesweiten Kongress im Forschungskontext Sambia. „Denkt man an Afrika, dann fallen einem zuerst die Tiere ein: Und in Sambia sieht man tatsächlich Elefanten, Giraffen und Affen, die einfach über die Straße laufen. Dann fällt die Weite des Himmels auf. Aber man sieht auch Elend und Armut. Dadurch wird man vor ziemlich viele Herausforderungen gestellt“, sagt Maria Anna Kreienbaum, Professorin für Theorie der Schule und Allgemeine Didaktik.

Seit 1999 bereist sie zunächst privat, seit 2001 mit Studierenden den Binnenstaat im südlichen Afrika und ist maßgeblich für die Kooperation der Bergischen Universität mit der University of Zambia, kurz UNZA, verantwortlich. Die Kontakte zu dem südafrikanischen Land brachte die Wissenschaftlerin aus ihren Hochschultätigkeiten in Gießen und Paderborn 2006 mit nach Wuppertal, als sie ihren Lehrstuhl übernahm. Immer wieder lud sie Gastdozenten aus Sambia nach Deutschland ein und reiste 2010 und 2014 mit einer Studierendengruppe nach Sambia. Zum Programm gehörte auch der Besuch der University of Zambia, kurz UNZA genannt, in der Hauptstadt Lusaka – der erste Schritt in Richtung Kooperation. Der Wunsch nach einer langfristigen Kooperation habe aber so seine kulturellen Tücken: „Es ist nicht leicht, mit den Kollegen der School of Education dort verlässliche Kontakte zu pflegen“, formuliert Kreienbaum vorsichtig. „Man ist nicht so verbindlich in der Kommunikation“, bedauert sie. E-Mails würden oft nicht beantwortet.

Dann hilft es, sich ans dortige Akademische Auslandsamt zu wenden. Im engen Kontakt zu deren Leiterin, die die beteiligten Personen vor Ort persönlich aufsucht, konnte 2016 endlich das „Memorandum of Understanding“ und 2018 das Agreement unterzeichnet werden. Im gleichen Jahr kam die erste Gruppe sambischer Studierender nach Wuppertal. Maria Anna Kreienbaum und ihre Mitarbeiterin Ronja Hahmann organisierten ein Programm, das neben dem wissenschaftlichen Austausch auch den Besuch politischer und kultureller Einrichtungen umfasste und so das Leben in Deutschland erfahrbar machte.

Von Entwicklungshilfe, neuen Kolonialmächten und engagierten Initiativen

Die Wuppertaler Pädagogin weiß um die ambivalenten Aspekte der Entwicklungszusammenarbeit. Früher habe man von „Hilfe“ gesprochen und dabei sei klar gewesen, wer geben und wer nehmen kann. Begegnungen, die auf Augenhöhe erfolgen, sind für ihre Programme das erklärte Ziel. Auf der offiziellen politischen Ebene stimmt sich Deutschland mit rund 20 Staaten ab. Dazu gehören mehrere EU-Länder und Japan.

„Deutschland ist zum einen für gutes Wasser (Trinkwasser, Abwasser) zuständig und für die Demokratisierung in Gemeinden, also für ein dezentrales Demokratisierungsprogramm. Norwegen und Finnland unterstützen in Bildungsfragen, die Niederlande in Sonderpädagogik, Japan baut Schulen und Straßen. So teilt man sich das auf. Nur China macht seine eigene Politik und investiert in Projekte, die ihm zugutekommen, ist im Kupfer- und Kohlebergbau aktiv“, erläutert Kreienbaum. China tritt auf wie eine neue Kolonialmacht. „Die Chinesen investieren und sie fragen auch gar nicht, wie das politische System aussieht, möchten aber natürlich auch selber nicht gefragt werden.“

Neben der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit gibt es in Deutschland zahlreiche christlich und anders geprägte Organisationen, die einzelne Projekte oder Regionen verlässlich unterstützen. Der Verein „Beruf und Zukunft in Sambia“ hat ein Pendant auf sambischer Seite und baut Schulgebäude in ländlichen Regionen. „So wird dafür gesorgt, dass z. B. in einer Gegend, wo es bislang keine Schulen gab, jetzt eine anspruchsvolle Schule steht. Aktuell baut man ein Hostel, weil die Kinder vom Land nicht jeden Tag zu Fuß einpendeln können. Sie haben da einen sicheren Platz, wo sie in der Woche wohnen können“, berichtet Kreienbaum, die selber mit der Gossner-Mission kooperiert.

Diese vor 180 Jahren von Johann Evangelista Gossner, ein deutscher Theologe und Sozialreformer, als Missionsgesellschaft in Berlin gegründete Stiftung betreibt u. a. auch ein Gästehaus in Lusaka, das die Wissenschaftlerin bei ihren Reisen zum Ausgangspunkt wählt. „Zum ,Liaison Office' der Gossner Mission in Lusaka gehört das Gästehaus. Wenn man aus Europa kommt, ist das ein wunderbarer Ort zum Ankommen, sich zu akklimatisieren und von da zu starten“, so die Forscherin. In Sambia hat die Gossner-Mission seit den 1960er Jahren Entwicklungshilfe geleistet.

Der lange Weg in die Wirtschaftlichkeit

„Wenn man nach Sambia fährt, dann tritt man in eine andere Welt ein“, sagt Kreienbaum. Diese Welt muss man verstehen lernen. Daher stellen sich ihre Studierenden auch den Gegebenheiten vor Ort, besuchen in den traditionellen Dörfern Projekte, die z. B. über Mikrokredite gefördert werden. „Sambia ist ein Land, in dem nur zehn oder 15 Prozent der Fläche, die man landwirtschaftlich nutzen könnte, tatsächlich bestellt wird, und nur 30 Prozent der Menschen arbeiten sozialversicherungspflichtig. Die anderen arbeiten von der Hand in den Mund, bauen etwas an, verkaufen es auf dem lokalen Markt und kriegen ein bisschen Geld, etwa für Schuhe. Mikrokredite helfen da.“

Ein Projekt, von dem Prof. Kreienbaum berichtet, richtet sich beispielsweise an alleinstehende Frauen: Sie erhalten ein Ziegenpaar, zunächst leihweise. Wenn die Ziegen Junge kriegen, werden die ans Projekt zurückgegeben. Ab dann gehen die geliehenen Ziegen in das Eigentum der Frauen. Weitere Nachzucht sichert dann einen kleinen Profit, mit dem man z. B. das Schulgeld der Kinder bezahlen kann“, erklärt sie. Bei den Reisenden stelle sich eine Art Demut ein und man lerne zu schätzen, wie privilegiert man aufgewachsen sei.

Wer in Sambia studieren möchte, braucht zumeist ein Stipendium. Das wird oft erst mit Verzögerung ausbezahlt, so entstehen mitunter lange Wartezeiten. „Diese Verschwendung von Lebenszeit und Ressourcen, die ist furchtbar schwer zu ertragen“, bedauert die Wissenschaftlerin. Dabei sei die Lage für Frauen im Beruf eigentlich gut. Kreienbaum weiß, dass viele Positionen an der Universität mit Frauen besetzt sind und auch bei der Polizei und im Lehrberuf seien Frauen beschäftigt.

Forschungskontext Sambia – erster Kongress in Wuppertal

„Es passiert nicht selten, dass jemand nach Afrika fährt und schon beim ersten Besuch direkt die Lösung für die drängendsten Probleme hat“, sagt sie. Solche Schnellschüsse berücksichtigen oft nicht die gesellschaftlichen Bedingungen. „Mit unseren Maßstäben die dortigen Probleme zu bewerten, ist meist stark verkürzt. Auch bei Forschungsprojekten ist es nicht leicht, gültige Erklärungen für beobachtbare Phänomene und Prozesse zu finden.“

Für den 3. und 4. Februar plant die Professorin den ersten bundesweiten Kongress mit dem Arbeitstitel „Forschungskontext Sambia“. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die im Kontext Sambia forschen, stellen dabei ihre Projekte vor und ihre Befunde zur Diskussion. „Ich habe schon vor einiger Zeit angefangen, auf den Homepages der deutschen Universitäten Menschen mit Sambia-Bezug zu suchen. Und die Liste hatte 60 bis 80 Namen. Die habe ich alle angeschrieben“, führt sie aus, „und die Reaktionen waren durchweg positiv.“

Zu dieser Tagung erwartet sie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlichster Disziplinen. „Es gibt bei diesem Kongress Berichte über medizinische, geographische, sozialwissenschaftliche, politikwissenschaftliche und historische Projekte“, berichtet sie begeistert. Von dieser ersten deutschen Hochschulzusammenkunft erhofft sich die Wissenschaftlerin den Aufbau eines Netzwerkes mit regelmäßigem Austausch. Die Erfahrungen dieses Kongresses könnten beim interdisziplinären Wissenstransfer helfen. Auch die Universitätspartnerschaft zwischen Wuppertal und Lusaka könnte dadurch gestärkt werden.

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