Die Auszeichnung mit dem Katharina-Zell-Preis 2025 des Landesverbands Evangelische Frauen in Hessen und Nassau ist für die Theologin Sarah Vecera eine ganz besondere Ehrung, denn Katharina Zell (1497–1562) gilt als eine der bedeutendsten Frauen der Reformation in Straßburg. Als Ehefrau des Reformators Matthäus Zell verfasste sie Schriften zur Verteidigung des evangelischen Glaubens und engagierte sich unermüdlich für Geflüchtete, Arme und Kranke. Trotz Anfeindungen ließ sie sich nicht zum Schweigen bringen und wurde so zu einer Pionierin weiblicher Stimme und Solidarität in der Kirche.
„Dass dieser Preis nach Katharina Zell benannt ist, berührt mich tief“, sagte Sarah Vecera bei der Verleihung des Preises in der Evangelischen Hochschule Darmstadt. „Eine Frau, die in einer Zeit, in der Frauen eigentlich keine Rolle spielen sollten, ihre Meinung kundtat – für die Menschen, für die Kirche, für die Gerechtigkeit. Sie war unbequem, sie wurde angefeindet – und genau darin lag ihre Kraft. Frauen haben in unserer Kirche immer Räume erkämpft und offengehalten. Sie haben gelernt, Bündnisse zu schließen, oft gegen Widerstände. Und sie wissen, dass es ohne einen intersektionalen Blick keinen echten Feminismus gibt. Denn es geht um die Befreiung aller: Unsere Kämpfe sind miteinander verwoben – gegen Rassismus, gegen Sexismus, gegen Klassismus, gegen alle Formen von Unterdrückung.“
Weit über kirchliche Szene hinaus bekannt
Sarah Vecera, 1983 in Oberhausen geboren, studierte Theologie, Religions- und Sozialpädagogik in Kassel und Bochum. Ein prägendes Jahr verbrachte sie im Freiwilligendienst der VEM in Tansania. Seit 2013 arbeitet sie bei der Vereinten Evangelischen Mission (VEM), heute als Bildungsreferentin mit dem Schwerpunkt „Rassismus und Kirche“ sowie als stellvertretende Leiterin der Abteilung Deutschland. Zudem ist sie Prädikantin der Evangelischen Kirche im Rheinland.
Vecera ist weit über die kirchliche Szene hinaus bekannt: Auf Instagram (@moyo.me) spricht sie offen über Rassismus in Gesellschaft und Kirche, im Podcast „Stachel & Herz“ diskutiert sie mit Thea Hummel über Diskriminierung und Empowerment. Mit Büchern wie „Wie ist Jesus weiß geworden?“ und „Gemeinsam anders“ sowie als Ideengeberin der „Alle-Kinder-Bibel“ hat sie Diversität unumkehrbar auf die Agenda der Kirchen gesetzt. Seit 2021 ist sie zudem Mitglied im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentags.
„Wir brauchen Menschen, die uns den Spiegel vorhalten“
„Sarah Vecera bringt eine Sprache über Themen in Räume, wo vorher ein Schweigen darüber bequem war", hob die Frankfurter Journalistin Hadija Haruna-Oelker in ihrer Laudatio hervor. „Sie trägt Würde und Anerkennung für die Erfahrung marginalisierter Menschen in die Kirche, damit sie sich dort wiederfinden können.“ Dass Diskriminierung heute in kirchlichen Debatten öffentlich wahrgenommen werde, sei auch Veceras Arbeit zu verdanken.
„Kirche ist längst nicht so offen für alle gesellschaftlichen Gruppen, wie wir oft glauben“, ergänzte Jurymitglied Anja Schwier-Weinrich, geschäftsführende Pfarrerin im Landesverband Evangelische Frauen. „Wir brauchen Menschen, die uns den Spiegel vorhalten. Deshalb zeichnen wir Sarah Vecera für ihr Engagement zur Überwindung von Rassismus, Sexismus und Diskriminierung aus.“ Sie sei ein starkes Vorbild als Feministin und Ermutigerin auf dem langen Weg zu einer gerechten Kirche für alle.