Christliche Spiritualität ist so alt wie die Kirche selbst. Schon in der Urgemeinde war das gemeinsame Gebet, das Fasten und die Meditation über das Wort Gottes ein zentraler Bestandteil des Glaubenslebens. Im Mittelalter entfaltete sich die Spiritualität weiter, in den Klöstern und bei Mystikerinnen und Mystikern wie Hildegard von Bingen, Meister Eckhart oder Johannes vom Kreuz. Lange Zeit galt Spiritualität als eine eher katholische Domäne.
„In der evangelischen Kirche entdecken wir sie erst seit den siebziger Jahren langsam wieder“, sagt Katarina Lange, Vikarin in der Gemeinde Elberfeld-West. Spiritualität auch in der evangelischen Kirche in Wuppertal eine Heimat zu geben, sei ihr ein Herzensanliegen, betont sie.
Spirituelle Auszeit vom Alltag
Mit einer „Woche für die Seele“ möchte sie nun allen, „die mit Gott, sich selbst und dem, was ihrer Seele guttut, in Kontakt kommen wollen“, eine spirituelle Auszeit vom Alltag anbieten. „Der Kurs ist eine Einladung, langsamer zu werden, innerlich aufzutanken und neue Impulse für den eigenen Glauben zu bekommen“, sagt sie.
In der ersten Sommerferienwoche lernen die Teilnehmenden des Kurses an fünf Abenden verschiedene spirituelle Übungen kennen. Dazu gehören Herzensgebete, Taizé-Gesänge, Meditationen, aber auch Bewegung und kreative Impulse. Nach einer Einführung in die Geschichte und Hintergründe der jeweiligen spirituellen Formen können sie gemeinsam ausprobiert werden. Während einer Pause wird gemeinsam zu Abend gegessen. Zur Vertiefung gibt es noch ein Arbeitsheft, in dem Katarina Lange alle Texte, Lieder und Impulse der Woche zusammengetragen hat.
Eine Kraftquelle, die das Leben verändert
„Spiritualität kann eine echte Kraftquelle im Alltag sein, aber sie muss eingeübt werden“, sagt sie. „Seit ich mir bewusst Zeit dafür nehme – und das können auch nur einige Minuten am Tag sein – hat sich mein Leben verändert. Ich bin ruhiger und gelassener und weiß besser, wer ich bin und was ich wirklich will.“
Als alleinerziehende Mutter von drei Kindern, die berufsbegleitend Theologie an der Kirchlichen Hochschule studiert hat und gerade ihre praktische Ausbildung in Form des Vikariats macht, kennt Katarina Lange einen stressigen Alltag. Umso wichtiger sei es, regelmäßig zur Ruhe zu kommen, betont sie.
Dabei ist ihr ein Grundgedanke besonders wichtig: „Christliche Spiritualität beginnt dort, wo der Mensch sich von Gott lieben lässt.“ Was sich einfach anhöre, fühle sich im Alltag oft anders an, weiß die Theologin. „In unserer Gesellschaft sind wir sehr leistungsorientiert. Das prägt unser Bild von uns selbst als Menschen, die nicht genügen. Christliche Spiritualität lädt uns ein, uns anders zu sehen und kennenzulernen.“
„Glaube ist nicht nur Kopfsache“
Und zwar mit Körper, Geist und Seele. „Als Protestanten sind wir stark auf das Wort konzentriert, aber Glaube ist nicht nur Kopfsache. Was ich fühle, rieche und wie ich mich bewege, beeinflusst auch meine Gedanken.“ Das Meditieren lässt sich also mit Gegenständen wie den „Perlen des Glaubens“ verbinden. Das Armband, das 1995 von einem schwedischen Bischof entwickelt wurde, besteht aus 18 Perlen, die sinnbildlich für die verschiedenen Lebensstationen Jesu sowie den eigenen Glauben und Lebensweg stehen. Auch sie werden im Kurs vorgestellt.
„Im Christentum haben wir einen großen Schatz an spirituellen Formen und Methoden. Ich möchte die Teilnehmenden des Kurses dazu einladen, sie kennenzulernen und dann selbst auf Entdeckungsreise zu gehen“, sagt Katarina Lange. Eine Entdeckungsreise, die auch in andere Wuppertaler Gemeinden führen kann, die spirituelle Angebote machen – und in die digitale Welt. Denn dort gibt es inzwischen auch viele angeleitete christliche Meditationen und Apps mit Gebeten.