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Heftige Urteilsschelte

Heftige Urteilsschelte

Die Bewährungsstrafen für drei Angeklagte wegen versuchter schwerer Brandstiftung an der Synagoge werden überregional vielfach als Fehlurteil kritisiert.

Scharfe Kritik am Amtsgericht wegen dessen Urteils von Anfang Februar zu versuchter schwerer Brandstiftung an der Synagoge in Barmen: Richter Jörg Sturm habe das "Abfackeln einer Synagoge" falsch als nicht antijüdisch bewertet, berichten die "Jerusalem Post" und amerikanische Zeitungen, und greifen damit die Kritik des Vorsitzenden der jüdischen Kultusgemeinde, Leonid Goldberg, auf. Gar von einem "Persilschein" für antisemitische Täter spricht Direktorin Deidre Berger vom Amerikanisch-Jüdischen Komitee in Berlin.

Grund für diese Angriffe ist der mutmaßliche Hintergrund dreier angeklagter Wuppertaler (18, 24 und 29 Jahre alt), die aus Palästina stammen. Sie hatten gestanden, Ende Juli vergangenen Jahres nach Alkohol- und Drogenkonsum auf kurzen Entschluss hin die Synagoge an der Gemarker Straße mit selbst gebauten Brandbomben beworfen zu haben. Die sogenannten Molotow-Cocktails zündeten nicht, sondern verschmutzten das Gotteshaus mit Diesel. Ein Schöffengericht unter Sturms Vorsitz hatte die mehrmonatige Untersuchungshaft der Männer beendet und sie — bislang nicht rechtskräftig — zu Bewährungsstrafen verurteilt.

  • Ernst-Andreas Ziegler (re.), Gründungsmitglied des Synagogen-Freundeskreises,
    Spende : Vitrine für die Bergische Synagoge
  • Der Elberfelder Kaufmann Max Daniel mit
    Tagung in Wuppertal : Tagung in Wuppertal: Jüdische Geschichte erzählen und vermitteln
  • Das Wuppertaler Amtsgericht.
    Prozess in Wuppertal : Die Systemsprengerin und das Amtsgericht

Rechtsanwalt Stefan-Marc Rehm, einer der Verteidiger, sagt, er könne die Kritik nicht nachvollziehen: "Das Gericht hat außergewöhnlich ausführlich seine Entscheidung in der mündlichen Urteilsverkündung begründet." Im Übrigen seien die Richter letztlich — wie in jedem anderen Verfahren auch — gehalten gewesen, nur das dem Urteil zugrunde zu legen, was sie sicher feststellen konnten. Das betrifft etwa die Erklärungen der Angeklagten: "Ich habe nichts gegen die jüdische Gemeinde", sagte der Älteste, der Mittlere bat in einem Brief um Entschuldigung. Man habe aufmerksam machen wollen auf erschreckende Nachrichten aus dem Nahost-Konflikt.

"Das waren betrunkene Jungs. Und es war eine Tat in der Nachbarschaft. Es gab keine große Planung und keinen großartigen Antisemitismus", fasst Anwalt Dr. Robin Kinzler die Beweise zusammen. Er hatte zusammen mit Rehm und Anwalt Jan Eils auf gemeinschädliche Sachbeschädigung plädiert.

"Ich bin froh, dass für das Verfahren unabhängige Gerichte zuständig sind", sagt Ismael Karsoua vom Vorstand des Palästinensischen Freundschaftsvereins. Unter Palästinensern gebe es Moslems, Christen und Juden, fügt er hinzu. Man setze sich für den Schutz aller Religionen ein, sagt der Vorsitzende Jamal Mahmud.

Das Amtsgericht schweigt zur Kritik. Ein Angeklagter und die Staatsanwaltschaft haben Berufung gegen das Urteil eingelegt. "Wir halten die Strafen insgesamt für zu niedrig", so ein Sprecher der Anklage. Bei einer Strafe gelte es auch, die Gesinnung zu bewerten, die aus der Tat spricht: "Was für eine Gesinnung soll das sein, wenn man eine Synagoge angreift?" Das nächste Wort hat das Landgericht.

(Rundschau Verlagsgesellschaft)