Haushalt gut, Wohlfahrt nicht

Wuppertal · Die Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege, unter deren Dächern in Wuppertal etwa 13.000 Menschen beschäftigt sind, kritisiert die städtische "Zuschuss-Eiszeit".

 Lions-Präsident Dr. Johannes Vesper (li.) überreichte eine Spende persönlich an Diakoniedirketir Dr. Martin Hamburger, Hivi Bamarny (Mitarbeiterin), Markus Franke und Achim Pohlmann (Diakonie-Migration).

Lions-Präsident Dr. Johannes Vesper (li.) überreichte eine Spende persönlich an Diakoniedirketir Dr. Martin Hamburger, Hivi Bamarny (Mitarbeiterin), Markus Franke und Achim Pohlmann (Diakonie-Migration).

Foto: Werner Jacken

Bis auf eine kleine Erhöhung 2014/2015 habe die Stadt die Wohlfahrtsverbände auf dem Zuschussniveau von vor zehn Jahren stehenlassen, so Diakonie-Direktor Martin Hamburger, der die Arbeitsgemeinschaft leitet. Für AWO, Caritas, den Paritätischen, das Rote Kreuz, den jüdischen Wohlfahrtsverband und die Diakonie bedeutet diese Nichterhöhung eine de-facto-Kürzung von 30 Prozent. Das Problem: Aus dem Blickwinkel der Stadt, die sich den unbedingten Haushaltsausgleich auf die Fahnen geschrieben hat, fällt das komplette Angebot der Wohlfahrtsverbände mit umfangreicher Betreuung und Beratung von der Wiege bis zum Grab unter "freiwillige Leistungen". Es besteht also keine (gesetzliche) Pflicht, Zuschussgeld zu bezahlen.

Die Wohlfahrtsverbände, die stolz darauf sind, ihre Mitarbeiter nach Tarif zu bezahlen, und das weder ändern wollen, noch teilweise überhaupt ändern dürfen, sehen ihre quer durch alle Bevölkerungs- und Altersschichten reichende Arbeit als unverzichtbare Säule für das "menschliche und soziale Gesicht Wuppertals", so AWO-Geschäftsführer Frank Gottsmann. Und Caritas-Chef Christoph Humburg ergänzt: "Wir erreichen fast jeden Menschen in Wuppertal im Lauf seines Lebens."

Die Stadt brauche also eine klare Positionierung für das Soziale — und müsse auch das Geld bereitstellen, das nötig ist, um die Wohlfahrtsverbände arbeitsfähig zu erhalten. Etwa drei Prozent Zuschusserhöhung pro Jahr — das ist die geforderte "Hausnummer", die im Raum steht. Doch "keine Berücksichtigung im Haushalt 2016/2017 und die Vertröstung auf einen eventuellen Nachtragshaushalt, das ist uns zu wenig", gibt Reinhard Fliege als DRK-Geschäftsführer zu Protokoll. Die Nachbarstadt Solingen etwa passe ihre Wohlfahrtszuschüsse jedes Jahr verlässlich um immerhin zwei Prozent an.

Die Wuppertaler Wohlfahrtsverbände sehen sich als Garanten erfolgreicher Flüchtlingsarbeit und Integration — im gesellschaftlichen Konsens und zusammen mit der Stadt: "Unsere gute Vernetzung wird der zurzeit drohenden Radikalisierung standhalten", so Martin Hamburger: "Aber sozialen Frieden gibt es nicht zum Nulltarif." Angesichts der Flüchtlingszahlen stehen beispielsweise deutlich erhöhte Anforderungen an die Menge von Kita-Plätzen vor der Tür: Die Wohlfahrtsverbände haben der Stadt hier ein zukunftsorientiertes Übernahme- und Kooperationsmodell angeboten. Die Entscheidung darüber steht noch aus.

Das Fazit der Arbeitsgemeinschaft formulieren Hamburger und Humburg: "Städtische Haushaltskonsolidierung ist wichtig. Aber man muss sehen, wo welcher Euro sinnvoll investiert ist. Wenn unser Beratungs- und Betreuungsnetz geschrumpft werden muss, wirkt sich das auf die soziale Atmosphäre in Wuppertal schnell negativ aus."

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