Max-Horkheimer-Straße Fünf neue Studentenwohnheime für 15 Millionen Euro

Wuppertal · Der Wunsch des Wuppertaler Hochschul-Sozialwerks, seine fünf neuen Studentenwohnheime an der Max-Horkheimer-Straße 160-168 deutlich früher fertigzustellen, ging zwar nicht in Erfüllung. Trotzdem ist die Freude nun groß über die 132 Wohnplätze, deren Bau insgesamt 15 Millionen Euro kostete.

 Die Häuser stehen oberhalb der Uni-Halle.

Die Häuser stehen oberhalb der Uni-Halle.

Foto: Hochschul-Sozialwerk Wuppertal/Sigurd Steinprinz

Allein drei Jahre gingen ins Land, bis der Grundstücksstreifen dem Voreigentümer, dem landeseigenen „Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW“ (BLB), zum vollen Marktpreis abgekauft werden konnte. Dann sorgte die überhitzte Baukonjunktur für Verzögerungen bei Ausschreibungen und im Bauablauf. Und schließlich kam auch noch Corona. „Doch nun sind wir endlich am Ziel. Auch mit dieser anspruchsvollen Baumaßnahme schaffen wir bundesweit vorbildlichen und preisgünstigen Wohnraum - für weitere 132 Studierende in Wuppertal“, sagte Fritz Berger, Geschäftsführer des Hochschul-Sozialwerks Wuppertal bei der offiziellen Einweihung am Donnerstag (27. August 2020).

Das Baugrundstück gehörte zu den Reserveflächen der Hochschule. Die „Filetstücke“ daneben, ehemalige Landesgrundstücke, standen nicht zur Verfügung. Sie werden vom Eigentümer BLB an Kleingärtner verpachtet. Der an das Hochschul-Sozialwerk verkaufte Randstreifen galt wegen des sehr schmalen Zuschnitts und der extremen Hanglage mit 18 Metern Höhendifferenz lange als kaum bebaubar. Den beauftragten Architekten („ACMS_ Architekten GmbH“ aus Wuppertal) gelang das Kunststück, die standortspezifischen „Herausforderungen“ ins Positive zu wenden: Die Hanglage wurde genutzt zur höhenversetzten Erschließung der Häuser und zur Minimierung von Verkehrsflächen. Die extreme Enge des Grundstücks wurde durch eine gestaltete landschaftsgärtnerische „Grenzüberschreitung“ kompensiert. Das Grün der angrenzenden Kleingartensiedlung „fließt“ so zwischen den Häusern in die Außenanlagen der fünf Studentenwohnheime. Auf bienenfreundliche Sträucher wurde ebenso geachtet wie auf heimische Obstsorten und Kräuter, die von den Bewohnern geerntet werden können.

Die Planung erreichte im Rahmen der „Forschungsinitiative Zukunft Bau“ des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit die höchste Innovationsstufe im Rahmen der Förderung von sogenannten „Vario-Wohnungen“. Im Rahmen dieses Forschungsprogramms zum nachhaltigen und bezahlbaren Bauen wurde in Wuppertal ein Modulsystem entwickelt, mit dem Individualräume über unterschiedliche Gemeinschaftsbereiche „geschaltet“ werden können - vom Einzelappartement bis zur Sechs-Personen-WG.

Besonders an diesem Bauvorhaben ist die extrem komprimierte Erschließung. „Diese ermöglicht eine besonders wirtschaftliche Organisation der unterschiedlichen Grundrisszuschnitte. Dabei wirken die Gebäude mit ihren Fassaden keinesfalls gerastert oder uniform. Die profilierten Fassadentafeln legen sich wie ein unterschiedlich weit geöffneter Vorhang über die Grundstruktur. Dies schafft einen Ausgleich zwischen Offenheit und Abschirmung für die einzelnen Wohnbereiche. Es wird eine sehr differenzierte Gestaltung des Gebäudes geschaffen, die jedem Typus ein eigenes Gesicht gibt“, so das HSW. Die fünf neuen Studentenwohnheime erreichen einen „Goldstatus für besondere Nachhaltigkeit“. Diese Zertifizierung durch die „Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen“ (DGNB) stellt im öffentlich geförderten Wohnungsbau eine Ausnahme dar. Mit dieser Auszeichnung werden Gebäude gekennzeichnet, die „in allen Kategorien der Nachhaltigkeit in besonderer Weise überdurchschnittliche Qualität“ vorweisen können.

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132 neue Wohnungen für Studierende in Wuppertal
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Foto: Hochschul-Sozialwerk Wuppertal/Sigurd Steinprinz

Mit den Neubauten des Hochschul-Sozialwerks Wuppertal wird in vielfacher Weise „gepunktet“:
▶ Reduzierung des Wohnflächenverbrauchs um 40 Prozent im Vergleich zum Bundesdurchschnitt.
▶ Die Nutzungsebenen können ohne Eingriffe in die Tragstruktur umorganisiert werden.
▶ Mittels Passivhaus- und KfW-40-Standard wurde der Energiebedarf auf 40 Prozent der EnEV-Anforderungen reduziert - durch den Anschluss an das am Grundstück vorbeilaufende Fernwärmenetz (Abwärme Müllverbrennung) erfolgt eine umweltfreundliche Energieerzeugung.
▶ Ökologische Gestaltung der Außenräume mit Dachbegrünung, reduzierter Versiegelungsfläche und „Urban Gardening“.
▶ Etwa 70 Prozent der Wohneinheiten sind barrierefrei, die übrigen sind vorgerüstet.
▶ Der Bedarf an „grauer Energie“ wird über Holztafelkonstruktionen und Leichtbauweisen maßgebend reduziert, die Einsparung in den Fassadenkonstruktionen liegen beispielsweise bei über 200 Tonnen CO2.
▶ Schaffung von Gemeinschaftsflächen in den Gebäuden und in den Freiflächen.
▶ Mittels E-Mobilität, Sharing-Konzepten und ÖPNV kann der Stellplatzbedarf für die Wohnanlage auf 20 Prozent reduziert werden.

In den fünf Baukörpern (vier davon mit drei Etagen, das obere Haus mit sechs Etagen) entstanden 132 studentische Wohnplätze in unterschiedlichen Wohnformen - als Einzel- und Doppelappartments sowie als Vierer- und Sechser-Gruppenwohnungen. Jedem Bewohner stehen knapp 30 Quadratmeter zur Verfügung. Die 16 Einzelappartements verfügen über eine eigene Küchenzeile, in den 22 Zweierappartements, den Vierer- und Sechser-Appartements ist diese im Gemeinschaftsbereich untergebracht. Zu jedem Zimmer, auch in den Gruppenwohnungen, gehört eine eigene Dusche und Toilette. Die Appartements sind mit barrierefreien Bädern ausgestattet. Die monatliche Miete inklusive schnellem Internet beträgt 289 Euro pro Monat.

Der Konstruktionsanteil konnte durch besondere Betonkonstruktionen (zum Beispiel Spannbeton-Hohldielen für die Decken) reduziert werden, die wesentlich weniger Material erfordern. Die Fassade gewährleistet durch ihre Holztafel-Bauweise mit vorgehängten, wartungsarmen Metallelementen eine extrem effiziente Wärmedämmung. Da der gesamte Innenausbau in Trockenbauweise erfolgte, ist die Grundriss-Anordnung weitestgehend unabhängig von der Tragkonstruktion. So sind variable Grundrissanordnungen möglich, die sowohl den Förderbedingungen des sozialen Wohnungsbaus, als auch den sich zukünftig möglicherweise ändernden Nutzungsanforderungen der Bewohner Rechnung tragen.

An Raumtrennwände und Türen wurden sehr hohe Schallschutzanforderungen gestellt, denn Studenten nutzen ihre Wohnungen multifunktional. Das Farbkonzept für die dunkelrot und silberfarbig gehaltenen Fassaden sowie für die Innenräume entwickelten die Architekten in Zusammenarbeit mit Prof. Friedrich Schmuck (Folkwang-Hochschule), der bereits an der Modernisierung der Studentenwohnheime „Neue Burse“, „Max-Horkheimer-Straße 167/169“ und „Cronenberger Straße 256“ mitwirkte. Auf PVC-Böden wurde komplett verzichtet: In allen Zimmern strahlt Eichenparkett Behaglichkeit aus, in Küchen und Gemeinschaftsräumen läuft man auf Linoleum, in Fluren und Treppenhäusern wurden die Beton-Oberflächen versiegelt.

Die Kosten belaufen sich auf 15 Millionen Euro. 1,92 Millionen Euro davon erhielt das Hochschul-Sozialwerk Wuppertal als Zuschuss des Bundes-Bauministeriums im Rahmen von dessen „Vario-Förderprogramm“. Aus dem Kontingent der Stadt Wuppertal für sozialen Wohnungsbau bewilligte die NRW-Bank ein Darlehen von rund 3,1 Millionen Euro Darlehen.

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