Kulinarische Integrationsgeschichte „Wir alle wollen die Chancen nutzen“

Wuppertal · Hinter der Geschichte der Neueröffnung des arabisch-orientierten kleinen Restaurants „Royal Prinssus“ in der Friedrich-Ebert-Straße 58 steckt eine Geschichte von Flucht, viel Eigeninitiative und gelungener Integrationsarbeit.

 Wilhelm Funken (links) und Barbara Knapp (rechts) stehen gemeinsam mit Fayez, Raiss, Amer, Ranja (von links) sowie Amal und Massa (sitzend von links) für gelungene Integration. Mohamed und Zaher waren leider zum Fototermin verhindert.

Wilhelm Funken (links) und Barbara Knapp (rechts) stehen gemeinsam mit Fayez, Raiss, Amer, Ranja (von links) sowie Amal und Massa (sitzend von links) für gelungene Integration. Mohamed und Zaher waren leider zum Fototermin verhindert.

Foto: Manfred Bube

Zwei Jahre nach Ausbruch des Bürgerkrieges in Syrien wurden seine beiden regimekritischen Brüder verhaftet, einer kurze Zeit später ermordet. „In dem Moment war mir klar, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Schergen der Regierung auch uns holen“, berichtet Amer Hafez (50). Um dem zu entgehen, flieht die siebenköpfige Familie nach Jordanien. Eine Flucht, die damals für den Moment Sicherheit bringt, aber nicht wirklich eine Zukunft.

Mit den Söhnen Zaher und Mohamed geht die Reise 2015 weiter nach Neviges, dem Antrag auf Asyl wird stattgegeben. Während ihrer Zeit in der Flüchtlingsunterkunft entsteht ein guter Kontakt zu ehrenamtlich Aktiven der Flüchtlingshilfe der katholischen Kirchengemeinde, insbesondere zu Wilhelm Funken und Barbara Knapp. Ihr Angebot zu helfen wird dankbar angenommen.

Wobei eines Amer Hafez besonders am Herzen liegt: Die zu diesem Zeitpunkt schwangere Ehefrau Ranja, Tochter Massa sowie die Söhne Raiss und Fayez ebenfalls nach Neviges zu holen. Funken und Knapp klären die Formalitäten mit der Botschaft in Jordanien und sammeln Geld für den Flug – und im Januar 2017 ist die Familie, zu der jetzt auch die zweijährige Tochter Amal gehört, wieder vereint. „Das war ein Glücksmoment pur für uns alle“, erinnern sich die Helfer.

Für ihr Engagement gab es da auch einen appetitlichen Dank. Barbara Knapp erinnert sich: „Amer ist ein begnadeter Koch. Nachdem die Familie wieder vereint war, hat er aus Freude darüber parallel in fünf Küchen von Mitgliedern unserer Integrationshilfe köstliche Speisen zubereitet und etwa 200 Gäste aus dem Unterstützerkreis zum Essen eingeladen.“

Seit damals verläuft das Leben der Neunankömmlinge in geregelten Bahnen. Sie haben eine passende Wohnung gefunden, Massa (Jahrgang 2010), Raiss (Jahrgang 2009), Mohamed (Jahrgang 2002), Zaher (Jahrgang 2004) und Fayez (Jahrgang 2006) kommen, auch dank des Sprachunterrichts der Kirchengemeinde, in der Schule gut zurecht.

Allerdings, Vater Amer mochte sich mit der Situation nicht anfreunden. „Ich wollte weg von der staatlichen Unterstützung und Geld verdienen“, begründet er den mutigen Schritt, seine Leidenschaft, das Kochen, zum Beruf zu machen. Als er in der Friedrich-Ebert-Straße 58 am Rand des Luisenviertels ein Ladenlokal ins Visier nimmt, schlagen Wilhelm Funken, Barbara Knapp und andere aus der Integrationshilfe allerdings „die Hände über dem Kopf zusammen“. Wilhelm Funken: „Die Räume waren heruntergekommen, sahen furchtbar aus.“

Amer Hafez lässt sich davon aber keineswegs abschrecken. Gemeinsam mit den älteren Söhnen renoviert er und verpasst dem Lokal ein ansprechendes Erscheinungsbild. „Das Ergebnis hat uns umgehauen. Dass es so gut wird, damit haben wir nicht gerechnet“, freut sich Barbara Knapp.

Im August haben Amer und Fayez unter dem Namen „Royal Prinsuss“ ihr Restaurant mit Lieferservice eröffnet. „Der Start war nicht einfach, doch zwischenzeitlich sind wir auf einem guten Kurs“, erklärt Fayez, der ursprünglich vorhatte, sich nach der Mittleren Reife auf dem Berufskolleg weiterzubilden, doch die ererbte Leidenschaft zum Kochen war stärker. Weiter zur Schule in Richtung Abitur geht Mohamed.

Er sagt: „Wir haben einen schwierigen Weg hinter uns und sind froh, dass wir in Deutschland sind, dankbar für die Unterstützung von Barbara Knapp, Wilhelm Funken und den vielen anderen, die uns geholfen haben und noch helfen, unser Leben hier auf ein solides Fundament zu stellen. Wir alle wollen die Chancen, die sich uns bieten, nutzen, um uns positiv in die Gesellschaft einzureihen.“

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