Illegale Touren eines 17-Jährigen Busfahrten mit tragischem Ausgang

Wuppertal · Monatelang lenkte ein 17-jähriger Auszubildender ohne Fahrberechtigung auf offiziellen Linien Busse der Wuppertaler Stadtwerke. Als die illegalen Touren aufflogen, nahm er sich das Leben.

 Symbolfoto.

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Foto: WSW

"Schon mit vier wollte er Busfahrer werden und war überglücklich, als im September 2017 mit Beginn der Ausbildung zum Berufskraftfahrer bei den Stadtwerken sein größter Wunsch Konturen annahm. So glücklich und stolz war er, dass er die Dienstkleidung auch in der Freizeit selten auszog", berichtet Mutter Maria F. über ihren Sohn Adam (zum Schutz der Familie wurden alle Namen geändert).

Doch diese Begeisterung ging offenbar weit über das normale Maß hinaus: Seit Dezember 2017 soll der 17-Jährige mehrfach ans Steuer von WSW-Bussen gelangt sein und ohne die nötige Berechtigung reguläre Fahrten auf verschiedenen Linien im Stadtgebiet übernommen haben. Das bestätigte WSW-Sprecher Holger Stephan auf Rundschau-Anfrage.

Konkret unterwegs gewesen sein soll er auf den Linien 612, 614, 622 und 646. Diverse Fahrten sind durch Chat-Protokolle und Videoaufzeichnungen belegt, die der Rundschau vorliegen. Laut Vater Josef F. habe sein Sohn dazu an Haltestellen wartende "Kollegen" angesprochen mit den Worten "Mach Feierabend, ich habe Zeit und übernehme." Die Eltern wollen zudem erfahren haben, dass Adam abends einen der am Betriebshof Nächstebreck abgestellten Busse aktivieren konnte, um mit Freunden zu einer Spritztour zu starten oder um ihnen Taxi-Service zu bieten. Davon wissen die Stadtwerke allerdings nichts.

Erst am 23. Februar fiel der 17-Jährige, der schon wegen seines Alters keine entsprechende Fahrerlaubnis besitzen konnte, am Steuer der Linie 640 auf, als der Bus einen Defekt hatte, und wurde von der Verkehrsaufsicht gestoppt. Was danach passierte, stellen Eltern und WSW unterschiedlich dar. Laut der Eltern habe seine Ausbildungsleiterin am Freitagabend angerufen, den Vorfall geschildert und ein sofortiges Haus- und Busverbot gegen Adam ausgesprochen.

Das dementieren die Stadtwerke ausdrücklich: Die Mitarbeiterin habe nur über ein Vorkommnis informiert und Adam für Montag zu einem Mitarbeitergespräch geladen. Unstrittig ist aber, was am nächsten Morgen geschah: Adam packte einen Taekwondo-Gürtel in seinen Rucksack und nahm sich in einer leerstehenden Fabrikhalle gegenüber dem Stadtwerke-Gelände an der Schützenstraße das Leben.

Die Stadtwerke sprechen von einem tragischen Vorfall, betonen aber auch, dass sich Adam unter Vorspiegelung falscher Tatsachen seinen Platz am Steuer erschlichen habe. Als Konsequenz habe man das Layout der bis dato wohl leicht mit anderen Ausweisen verwechselbaren Fahrberechtigungen geändert und Mitarbeitern neue Kontrollvorgaben gemacht. Außerdem ist laut Pressesprecher Holger Stephan ein Fahrer entlassen worden, der im Verdacht gestanden habe, Schichten auf Adam abgewälzt zu haben.

Die Eltern wollen die Stadtwerke derweil rechtlich belangen: "In unseren Augen haben die WSW ihre Aufsichts- und Fürsorgepflicht verletzt, es Adam durch lasche oder gar keine Kontrollen zu leicht gemacht, zu früh das zu sein zu können, was er werden wollte, und tragen so eine große Mitschuld am Tod unseres Sohnes. Wir wollten erst nicht glauben, dass ein Siebzehnjähriger einfach und über einen so langen Zeitraum hinters Steuer kann, ohne dass die Verantwortlichen etwas bemerken. Wo bleiben da die Sicherheitsmaßnahmen, die solch unbefugtem Handeln vorbeugen", so fragt sich Mutter Maria F.

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