Kategorie Eigenlob

Betr.: "Wenig Geld, große Hilfe", Rundschau-Leserbrief vom 2. Januar

Gerne liest man über gute Taten. Gute Taten, die man aber selber inszeniert und dann stolz herumerzählt, fallen eher in die Kategorie Eigenlob. Die Story vom kleinen Flüchtlingsjungen, dem an der Kasse Geld fehlt, hat noch andere Mängel, weil das Selbstlob auch noch mit Kritik an anderen gekoppelt ist.

Kassiererinnen beim Discounter, die ja wegen fehlender Centbeträge im Bagatellbereich bereits den Job verlieren (Pfandbon-Skandal), sollen nach Meinung des Wohltäters gefälligst nicht so kleinlich sein. Ob dadurch Friede an der ohnehin belasteten Einwanderungsfront entsteht, ist fraglich, denn de facto werden hier Arme gegen andere Arme in Stellung gebracht. Wer einen Betrag von 74 Cent für so gering hält, dass er von anderen Kunden spendiert werden soll, weiß nicht, dass es in Deutschland immerhin Ein-Euro-Jobs gibt, für die eine Stunde gearbeitet werden muss.

Restlos bizarr wird es, wenn der Schreiber fehlende Arabischkenntnisse der Kassiererin beklagt und die korrekte Abrechnung als eine "deutsche Gepflogenheit" beklagt. Denn korrekte Abrechnung ist genauso weltweit und universal wie die Zahlen, die der Kleine angeblich nicht kannte: Es waren arabische Zahlen.

Rolf Schneider, Stahlsberg

(Rundschau Verlagsgesellschaft)
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