Kommentar über das unglückliche Verhältnis zwischen Verwaltung und Kultur Zwischen Vorstadt und Provinz

Wuppertal · Die Stadt Wuppertal und ihre Kultur – das ist seit vielen Jahren eine mehr als problematische Beziehung. Geprägt von großstädtischem Selbstverständnis und provinziellem Handeln.

 Redakteurin Nicole Bolz kommentiert das problematische Verhältnis zwischen der Stadt Wuppertal und ihrer Kultur.

Redakteurin Nicole Bolz kommentiert das problematische Verhältnis zwischen der Stadt Wuppertal und ihrer Kultur.

Foto: Wuppertaler Rundschau/Bettina Osswald

Toshiyuki Kamioka (Ex-Generalmusikdirektor des Sinfonieorchesters und Ex-Opernintendant), Christian von Treskow (Ex-Schauspielintendant), Johannes Weigand (Ex-Opernintendant), Susanne Abbrederis (Ex-Schauspielintendantin), Adolphe Binder (die auch nach erstinstanzlichem Urteil noch auf der Gehaltsliste der Stadt steht) – die Liste der unrühmlichen Trennungen ist lang. Mit Gerhard Finckh als Direktor des Von der Heydt-Museums schien das Verhältnis zwölf Jahre lang konfliktfrei. Er schuf ambitionierte Ausstellungen, die Hunderttausende von Menschen nach Wuppertal zogen, war gleichermaßen bei Kunstkritikern geschätzt und Besuchern beliebt. Und das alles trotz eingeschränkten Budgets.

Doch solche Glanzlichter sind nicht zum Nulltarif zu haben. Und da die Stadt sich schon seit Jahren von vielen notwendigen Ausgaben und Investitionen zurückgezogen hat, musste dies die gemeinnützige Museums GmbH übernehmen. Diese besteht aus Mitgliedern der Brennscheidt- und Jackstädt-Stiftungen sowie des Kunst- und Museumsvereins und trägt das wirtschaftliche Risiko des Ausstellungsbetriebs. Und genau dieses Risiko wollte sie bei Finckhs geplanter Schau „Aufbruch in die Freiheit“ im vergangenen Jahr nicht mehr tragen. Zu leer seien die Kassen. Ausstellung abgesagt, drei Jahre Arbeit des Museumschefs für die Tonne, sein letzter Traum geplatzt – eine schallende Ohrfeige für Finckh.

Jetzt kann man fragen: Was soll man denn auch machen, wenn kein Geld vorhanden ist? Und was hat die Stadt damit zu tun? Nun, da müsste man den leider aus der Mode gekommenen Begriff des Anstands bemühen. Wuppertal mag über so wenig Geld verfügen, wie es will, kommt es darauf an, dann fand Kämmerer Johannes Slawig bisher noch immer irgendwo einen Topf, aus dem er noch schöpfen und umverteilen konnte. Der Topf für Abfindungen für geschasste Intendanten der Kultur etwa scheint randvoll. Und im Vergleich dazu wäre es eine überaus lohnende Investition gewesen, die Ausstellung zu ermöglichen. Nicht nur, weil das Thema der Aufklärung so dringend in unsere Zeit gehört. Nein, vielmehr weil man erstens einem geschätzten Mitarbeiter der Stadt, der so viel für das positive Image Wuppertals getan hat, einen würdigen Abschied ermöglicht hätte. Und zweitens, weil man so dafür Verantwortung übernommen hätte, dass der gute Ruf des Museums durch eine solche Absage keinen Schaden nimmt.

Doch damit nicht genug. Was einen Nachfolger für Gerhard Finckh betrifft, so scheint man sich in der Verwaltungsspitze mal wieder selbst genug. Obwohl man lange wusste, dass Finckh Ende April das Haus verlässt, hat man diese wichtige Position sehr, sehr lang gar nicht erst ausgeschrieben. Als man es dann doch tat, erhielt man nach Auskunft von Johannes Slawig gerade mal 14 Bewerbungen. Und wer von ihnen wohl am geeignetsten für den Posten des/der Museumsdirektors/-direktorin ist, darüber befand dann ein „verwaltungsinternes Auswahlgremium“, bestehend aus Kulturdezernent Matthias Nocke, Oberbürgermeister Andreas Mucke, Johannes Slawig als für Personal zuständiger Beigeordneter, einer Mitarbeiterin des Personalamts sowie der Gleichstellungsbeauftragten. Immerhin fachlich beraten (jedoch nicht stimmberechtigt) durch die stellvertretende Leiterin des Museums, Antje Birthälmer. Dies sei, so Slawig, „bei derartigen Verfahren üblich“. Dass es in anderen Städten durchaus üblich ist, bei solchen Verfahren auf mehr fachlich kompetenten Rat in Form von erfahrenen Museumsdirektoren zu setzen, beweisen etwa Mannheim oder das Münchner Haus der Kunst.

Doch die Jury hat auch so entschieden. Bereits vor Wochen sickerte durch, es könnte sich „womöglich“ um eine Frau handeln. Seither: Stagnation. Stille. Unsicherheit. Aus Kreisen der Politik ist zu hören, man sei einmal mehr über den Alleingang der Verwaltungsspitze verärgert. Die Kultursprecher der Fraktionen waren offenbar so wenig einbezogen wie die Mitglieder der Museums gGmbH. Immerhin wird der neue Leiter des Museums zugleich auch wieder Geschäftsführer dieser Gesellschaft, ist den Mitgliedern bisher jedoch wohl nicht bekannt. Eine entsprechende Abstimmung muss noch erfolgen. Wie lang das dauert, lässt sich laut Slawig derzeit nicht absehen.

Alles wie immer also zwischen Wuppertals Verwaltung und der Kultur.

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