Interims-Kämmerer Stefan Kühn „Stillstand darf es nicht wieder geben“

Wuppertal · Seit etwa acht Wochen ist Sozialdezernent und Stadtdirektor Stefan Kühn nach dem Ende der Ära Slawig nun auch Interims-Kämmerer – voraussichtlich bis zum Sommer. Wie empfindet er diese ungewohnte Aufgabe und wie geht er mit der Herausforderung um?

 Stefan Kühn ist Dezernent und Stadtdirektor.

Stefan Kühn ist Dezernent und Stadtdirektor.

Foto: Bettina Osswald

Beim Besuch in der Rundschau-Redaktion spricht Kühn von „großem Respekt“ vor dem Amt – und von „Riesenschuhen“, die Johannes Slawig hinterlassen habe. Aber zu seiner eigenen Überraschung erlebe er das Kämmerer-Sein „erfreulicherweise zu 80 Prozent als Lust, nur zu 20 Prozent als Last. Auch weil ich mich auf großartige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlassen kann.“

Kühn formuliert so: „Angesichts eines 13-Millionen-Euro-Plus haben wir die Beiträge für Straßenreinigung, Müll, Wasser und vieles andere stabil gehalten, werden auch keine Steuerhebesätze erhöhen, um die Bürger nicht weiter zu belasten. Trotzdem können wir Schulden tilgen und einen ausgeglichenen Haushalt, der nicht mehr genehmigungspflichtig ist, einbringen. Das mitzugestalten, finde ich sehr interessant.“

Die (Zukunfts-)Frage, die im Raum steht: Wie positioniert sich die Stadt in einer schwierigen Zeit? Stefan Kühns Position: „Man kann nicht jedes Risiko abdecken und einpreisen. Ohne Mut geht es nicht. Eine Stadt muss reagieren und gestalten können. Haushaltsstillstand darf es nicht wieder geben.“

In diesem Zusammenhang hofft der Kämmerer auf die Bereitschaft der Wuppertaler Politik, seinen Weg, der durchaus eine neue Haltung in Sachen Stadtfinanzen markiert, mitzugehen. Kühn, der seit über 20 Jahren Dezernent ist: „Die Politik weiß, dass das mit Risiken und Unwägbarkeiten verbunden, aber auch eine große Chance ist.“

Ein „Zauberer“ sei er „natürlich nicht“, so der 60-Jährige, werde „selbstverständlich kein Geld mit vollen Händen ausgeben sowie auch keine Reserven anfassen“ – aber: „Wenn der Gürtel zu eng wird, bleibt einem die Luft weg. Und das ist nicht gut für eine Stadt.“

Gute Signale sieht der Kämmerer außerdem: Der Haushaltsplan des Gebäudemanagements ist beschlossen – damit „sind viele Knoten durchschlagen worden“. Unter anderem für den Stadt-Betriebshof am Giebel, für den Zoo und zahlreiche Schulen, denen Zukunftsperspektiven eröffnet werden. Kühn: „Da tut sich jetzt einiges!“

Die Zeitschiene für den Interims-Kassenchef sieht so aus: Die Bewerbungsfrist für einen neuen Wuppertaler Kämmerer oder eine Kämmerin läuft bis Mitte Januar, im März soll dann – wenn alles wie geplant funktioniert – der oder die Neue gewählt werden, um das Amt etwa im Juni oder Juli anzutreten. Übrigens: Irgendwelche Namen, wer in Zukunft die Wuppertaler Stadtfinanzen verantworten könnte, hat Stefan Kühn noch nicht gehört ...

Weil Kühn auch Dezernent für Integration ist, schaut er zurzeit nach Osteuropa. Von den bisher eine Million in Deutschland angekommenen Ukraine-Flüchtlingen leben knapp über 5.000 in Wuppertal. 700 davon in Wohnheimen, rund 2.000 in eigenen Wohnungen, der Rest bei Freunden und Verwandten.

Die Stadt hat einen „Vorrat“ von 1.500 Übernachtungsmöglichkeiten gebildet, denn Unterbringung von Menschen in Turnhallen soll es nicht mehr geben.

Angesichts der unkalkulierbaren Lage im Ukraine-Kriegsgebiet und der deswegen möglichen Folgen für Wuppertal sagt Stefan Kühn: „Wir laufen auf dünnem Eis, dürfen aber bei aller Vorsorge und Unsicherheit nicht die Gestaltung unserer Stadt aus den Augen verlieren.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort