Justizvollzug Wegen Corona: Besuchsverbot im Knast

Wuppertal · Seit Muttertag dürfen Bewohner von Altenzentren nach wochenlanger Isolation endlich wieder Besuch empfangen. Doch sie sind nicht die einzigen, die in den letzten Wochen auf Familie und Freunde verzichten mussten. Auch Insassen in den Justizvollzugsanstalten in NRW war es verboten, direkten Kontakt zu Angehörigen zu haben. Und das gilt immer noch.

 Die JVA Vohwinkel von außen: Die Insassen der Justizvollzugsanstalt dürfen nach wie vor keinen Besuch bekommen.

Die JVA Vohwinkel von außen: Die Insassen der Justizvollzugsanstalt dürfen nach wie vor keinen Besuch bekommen.

Foto: JVA Vohwinkel

Die Gefängnisse halten nach wie vor am Corona-Besuchsverbot fest, so auch die JVA Vohwinkel. „Es besteht unter den Inhaftierten grundsätzlich keine Ansteckungsgefahr, solange von außerhalb keine Infektion in die JVA eingebracht wird“, erklärt Anstaltsleiterin Charlotte Narjes. Um die Sicherheit vor Ansteckungen weiter zu gewährleisten, dürfen weder private Besuche empfangen, noch Gruppenangebote durch Externe durchgeführt werden. Wie geht es den Inhaftierten in der Corona-Isolation, die sie noch weiter einschränkt als es die Gefängnismauern ohnehin schon tun?

Charlotte Narjes steht in regelmäßigem Austausch mit der „Gefangenenmitverantwortung“, einer Gruppe Inhaftierter, die stellvertretend für die Insassen Wünsche und Ängste formulieren. Die Stimmung sei generell nicht schlecht, erklärt die Anstaltsleiterin. Aber die Frage „Wann darf die Familie wieder kommen?“ sei immer die erste, die gestellt wird. Als Ersatz für den direkten Kontakt wird den Männern in der JVA erlaubt, häufiger als üblich mit ihren Angehörigen zu telefonieren und die Möglichkeit der Videotelefonie geprüft. „Aber da haben wir noch technische Schwierigkeiten“, erklärt Narjes. Um die Einschränkungen erträglicher zu machen, werden Gruppenangebote und auch Gottesdienste, die sonst mit Hilfe von Ehrenamtlichen gestaltet werden, durch interne Beschäftigte so weit wie möglich aufrechterhalten.

Barbara Hükelheim ist eine der Ehrenamtlichen, die sich in der JVA Vohwinkel engagiert. Normalerweise besucht sie jeden Dienstag die Justizvollzugsanstalt. In ihrem Gruppenangebot spielt, redet und kocht sie gemeinsam mit einigen der inhaftierten Männer. „Die Spielegruppe wurde im März ziemlich abrupt abgebrochen, wie alle anderen Angebote auch“, erzählt die Wuppertalerin, die fast in Sichtweite der JVA lebt. Als Ersatz für den wöchentlichen Kontakt schreiben Hükelheim und andere Ehrenamtliche Briefe ins Gefängnis. „Es antworten aber immer nur ein paar der Männer“, berichtet sie. Viele Inhaftierte, so mutmaßt die Vohwinkelerin, seien es einfach nicht gewöhnt, Briefe zu formulieren. Um den Kontakt zum Knast generell nicht zu verlieren, tauschen sich die Ehrenamtlichen regelmäßig mit Angestellten oder den Gefängnisgeistlichen aus. „Von ihnen werden wir ab und zu auch darauf hingewiesen, wenn da jemand ist, der sich über Post freuen würde“, erzählt die Ehrenamtliche. Sie hofft, bald zumindest für Einzelgespräche zurück in die JVA zu dürfen.

„Wir überlegen momentan, ob wir Lockerungen durchführen können, das wird aber nicht alleine von uns entschieden“, sagt Anstaltsleiterin Charlotte Narjes dazu. Sie geht nicht davon aus, dass sie im Alleingang, ohne Regelung durch das Ministerium, das Besuchsverbot aufheben wird.

 Aufgrund der Corona-Pandemie darf Barbara Hükelheim den Knast nicht besuchen. Als Ersatz schreibt sie Briefe.

Aufgrund der Corona-Pandemie darf Barbara Hükelheim den Knast nicht besuchen. Als Ersatz schreibt sie Briefe.

Foto: Wuppertaler Rundschau

Doch die Corona-Einschränkungen in der JVA Vohwinkel treffen nicht nur die aktuell aufgrund der Baumaßnahmen lediglich 230 Inhaftierten. Auf sie kommen rund 230 Angestellte, die trotz Corona unter Einhaltung aller Abstands- und Hygieneregeln ihren Dienst in der Justizvollzugsanstalt absolvieren. „Sie halten Abstand, desinfizieren sich regelmäßig die Hände. Das Tragen eines Mundschutzes ist nicht Pflicht“, berichtet Narjes. Unter den Insassen sei es allerdings kaum möglich, Abstandsregeln strikt durchzusetzen – und dies sei auch nicht erforderlich. „Schließlich leben die Inhaftierten leben ziemlich abgeschirmt.“ Sollte es doch zu einer Infektion mit dem Corona-Virus kommen, hat die JVA eine Quarantänestation eingerichtet. Wenn ein neuer Häftling von „außen“, also nicht aus einer anderen Justizvollzugsanstalt, nach Vohwinkel kommt, wird er zudem für zwei Wochen von den anderen Insassen isoliert. „Und auch für den Umgang mit den Justizvollzugsbeamten werden in dem Fall Sicherheitsmaßnahmen ergriffen“, erklärt die Anstaltsleiterin ihre Strategie.

Barbara Hükelheim vermisst derweil nicht nur den Kontakt zu den Insassen, sondern auch zu den anderen Ehrenamtlichen, die sich zusammen mit ihr im Gefängnis engagieren. „Dafür haben wir jetzt mehr Zeit, neue Angebote zu planen“, blickt sie positiv in die Zukunft.

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