Prozess in Wuppertal Silvester-Unfallfahrt nun vor Gericht

Wuppertal · Die Aufsehen erregenden Kollisionen eines Autos mit drei Passantinnen bzw. Passanten während des Silvesterfeuerwerks 2024 in Unterbarmen mit anschließender Fahrerflucht machten überregional Schlagzeilen. Jetzt hat der Prozess gegen den 20-Jährigen mutmaßlichen Verursacher begonnen.

Der Peugeot wurde in der Wartburgstraße sichergestellt.

Foto: Christoph Petersen

Es ist der 1. Januar 2024, das neue Jahr ist gerade sieben Minuten alt, als Robert H. nach draußen geht. Wie viele andere auch, will der Familienvater das Feuerwerk starten. Mit einer Wunderkerze in der Hand läuft er über die gut beleuchtete Friedrich-Engels-Allee, auf dem Mittelstreifen will er eine Rakete zünden, als ein Auto den mittlerweile 45-Jährigen frontal erfasst. Seine Frau will mit dem Handy das Silvesterfeuerwerk filmen, stattdessen hält sie den Moment des Zusammenstoßes mit dem Video fest. Auch die beiden Kinder müssen alles mitansehen.

Der Fahrer des Peugeot, der den Unfall verursacht haben soll, sitzt nun am Amtsgericht auf der Anklagebank. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm schwere Körperverletzung vor, der 20-Jährige soll nach dem Aufprall weitergefahren sein und zwei Frauen bei weiteren Zusammenstößen verletzt haben, bevor er den Wagen in einer Seitenstraße abgestellt haben soll. (Bilder aus der Silvesternacht)

Bilder: Schwerer Unfall auf der B7​ in Wuppertal
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Schwerer Unfall auf der B7

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Der Fahrer konnte zunächst nicht ermittelt werden, da er mit gestohlenem Kennzeichen unterwegs war. Nachdem der letzte Halter des Wagens beteuert hatte, nicht selbst gefahren zu sein, ermittelt die Polizei später den nun Angeklagten als Fahrer. Er soll das Auto kurz zuvor gekauft, aber weder angemeldet noch versichert haben. Dazu soll der 20-Jährige keinen Führerschein besessen und unter Drogen gestanden haben.

Dass er ohne Versicherungsschutz unterwegs war, wird nun für die Unfallopfer zum Problem. Die beiden Frauen (15 und 43 Jahre) waren vergleichsweise glimpflich davongekommen. Die Jüngere der beiden war am Bein erfasst worden, sie hatte eine Prellung am Knie erlitten. Die 43-Jährige soll der Angeklagte „aufgeladen“ haben, mit einer Kopfverletzung und mehreren Prellungen musste sie notoperiert und drei Tage auf der Intensivstation betreut werden.

Deutlich schlimmer hatte es Robert H. getroffen: Vor den Augen seiner Frau und seiner beiden Kinder wird er mehr als 20 Meter durch die Luft geschleudert, bevor er auf dem Asphalt aufschlägt. Der Peugeot des Angeklagten soll ihn mit mindestens 50 km/h und ungebremst erfasst haben, der 45-Jährige prallt auf die Windschutzscheibe und die Dachkante des Wagens. Die Anklage listet etliche schwere Verletzungen auf, unter anderem einen offenen Schädelbasisbruch, Frakturen der Wirbelsäule und eine Lungenembolie. Bis Ende 2024 liegt Robert H. auf der Intensivstation, dort erleidet er mehrere Schlaganfälle. Mehrfach wird er operiert, bis Ende Februar 2024 liegt er im Krankenhaus.

Nach Wochen im Koma muss er in der Reha alles neu lernen, sechs Monate muss er dort bleiben. Noch immer gilt er als Pflegefall, an eine Rückkehr in seinen Job im Garten- und Landschaftsbau ist nicht zu denken. „Das Opfer kann nur noch eingeschränkt kommunizieren“, so Inka Reuber, die Pressesprecherin des Amtsgerichts, vor dem Prozessauftakt am Montag (2. Juni 2025). Der Angeklagte sei nach dem ungebremsten Zusammenstoß mit Robert H. trotz zerborstener Windschutzscheibe mit unverminderter Geschwindigkeit weitergefahren, von der Fahrbahn abgekommen und mit den beiden Frauen zusammengeprallt. An einer Tankstelle sollen er und weitere Insassen aus dem Auto gestiegen und geflohen sein.

Körperverletzung, Unfallflucht und das Führen eines Fahrzeuges ohne Fahrerlaubnis und Pflichtversicherung: Das sind nicht die einzigen Tatvorwürfe, die in der Anklageschrift aufgelistet werden. Hinzu kommen zwei mutmaßliche Diebstähle, die der Angeklagte begangen haben soll. Gemeinsam mit einem 14-Jährigen Mitangeklagten soll er in der Nacht des 11. Januar 2025 vergeblich versucht haben, verschiedene Türen und Garagen sowie einen Kassenautomaten an der „Alten Papierfabrik“ aufzuhebeln.

Auf der Dachterasse soll es den Angeklagten gelungen sein, eine Türe aufzubrechen und das Gebäude zu betreten. Sie sollen in einen Abstellraum gelangt sein und versucht haben, eine Wohnungstüre zu öffnen, was erneut misslungen sei. Im 2. Obergeschoss sollen sie durch eine Fluchttür in ein Büro gelangt sein und dort diverse Gegenstände im Wert von 4.000 Euro entwendet haben, der 14-Jährige soll dabei ein Messer bei sich geführt haben. Am 23. Februar sollen sich die Angeklagten durch Aufbrechen der Eingangstür Zutritt in ein Ladengeschäft am Alten Markt verschafft haben, um 150 Euro aus der Kasse sowie weitere Gegenstände zu stehlen.