"Er versuchte, mir die Augen blau zu färben"

Wuppertal · "Wege zur Erinnerung" heißt das vom Deutsch-Polnischen Jugendwerk und der Bethe-Stiftung geförderte Projekt, in dessen Rahmen jetzt 21 Schüler vom Berufskolleg Kohlstraße gemeinsam mit 19 Schülern aus der Partnerschule in Gliwice der grauenvollen Realität des Nazi-Terrors während des Zweiten Weltkrieges begegneten.

 Mit Hilfe einer Übersetzerin berichtete Zeitzeugin Lidia Maksymovicz den Schülern aus Wuppertal von ihrer Zeit im KZ Birkenau.

Mit Hilfe einer Übersetzerin berichtete Zeitzeugin Lidia Maksymovicz den Schülern aus Wuppertal von ihrer Zeit im KZ Birkenau.

Sorgte schon ein Besuch im Konzentrationslager Auschwitz für kaum fassbares Entsetzen, so waren es danach die Berichte zweier Zeitzeuginnen, die den Schrecken der Epoche greifbar machten. "Mit der Tätowierung habe ich meinen Namen abgelegt und war nur noch eine Nummer", sagt Lidia Maksymovicz, zeigt auf die Zahlenkombination an ihrem linken Unterarm, erzählt vom kargen und ständiger Angst geprägtem Leben im Lager. Und davon, wie sie als kleines Kind den menschenverachtenden Versuchen des KZ-Arztes Dr. Mengele ausgesetzt war. "So versuchte er immer wieder vergeblich, mir die Augen blau zu färben. Das tat höllisch weh und tagelang konnte ich nichts mehr sehen. Aber was fast noch schlimmer war: Ich hab das alles nicht verstanden und mich oft gefragt, warum hört dass nicht auf?"

Nach der Befreiung durch die Rote Armee wurde das jüdische Mädchen von einer polnischen Familie aufgenommen und ging davon aus, dass ihre Mutter, die durch gelegentlichen Nahrungsschmuggel ihr das Überleben in Birkenau ermöglichte, tot sei. Trotzdem hat Lidia Maksymovicz lange nach Spuren gesucht und fand ihre Mutter tatsächlich — 18 Jahre später. Auch sie hatte überlebt. Dank hilfsbereiter Menschen, die ihr Leben im Namen der Mitmenschlichkeit riskierten.

So wie Miroslava Gruszczynska. Es ist still im Saal des Galicia-Museums in Krakau, als die 85-jährige davon berichtet, wie 1943 eines Tages jemand fragte, ob sie gemeinsam mit ihrer Schwester und der Mutter die 13-jährige Jüdin Miriam für einige Tage verstecken könne. "Aus Tagen sind 20 Monate und eine innige Freundschaft geworden. Bis heute pflegen Miriam und ich einen regen Kontakt, der dafür steht, dass aus der Saat des Bösen auch etwas Gutes wachsen kann."

Alle Schüler waren durch diese Schilderungen emotional sehr berührt und kämpften zwischendurch immer wieder mit den Tränen" sagt Deutschlehrer und Projektleiter Rüdiger Duckheim. Und erklärt weiter , wie schwierig es für die jungen Wuppertaler war, ihre Eindrücke von dem Erlebten in einem Reise-Tagebuch festzuhalten. Auszüge können auf der Internetseite www.bkkohlstrasse.de unter der Rubrik Aktuelles nachgelesen werden.

(Rundschau Verlagsgesellschaft)
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