Streit um Wuppertaler Tafel „Sehr wohl ein Unternehmen“

Der Ton im Ringen um die Zukunft der Wuppertaler Tafel wird schärfer. Zudem hat das Amtsgericht den Trägerverein jetzt aufgefordert, den Vorstand wieder zu vervollständigen. Aktuell könne er den Verein nicht mehr ordnungsgemäß vertreten. Die dafür notwendige Mitgliederversammlung abzuhalten dürfte aber schwierig sein.

 Ein Tafel-Mobil in Vor-Corona-Zeiten bei der Essensausgabe in Elberfeld. Um die Zukunft der Hilfsorganisation wird weiter intensiv diskutiert.

Ein Tafel-Mobil in Vor-Corona-Zeiten bei der Essensausgabe in Elberfeld. Um die Zukunft der Hilfsorganisation wird weiter intensiv diskutiert.

Foto: Sebastian Jarych

In dem entsprechenden Schreiben an den Vorsitzenden Wolfgang Nielsen, das der Rundschau vorliegt, wird dem Verein Wuppertaler Tafel für die Komplettierung des Vorstandes eine Frist bis Ende März gesetzt. Auslöser war das Ausscheiden von Peter Krampen, der nach internen Differenzen als zweiter Vorsitzender zurücktrat. Arnold Norkowsky, der aktuell als Sprecher für den gesundheitlich angeschlagenen Nielsen agiert, hatte zuletzt angekündigt, sich im im Vorstand engagieren zu wollen. Norkowsky bestätigt die Aufforderung seitens des Amtsgerichts, hält aber in der aktuellen Corona-Situation eine Versammlung der rund 140 Vereinsmitglieder in Form einer Präsenzveranstaltung für schwierig. Und ein digitales Format sei mit Blick auf den Mitgliederkreis nicht machbar. Deshalb wolle man das Amtsgericht gegebenenfalls um Aufschub bitten.

Dem Tafel-Vorstand gehörte für einige Zeit auch Michael Rogusch als Beisitzer an. Er hat jetzt ebenfalls mit einem öffentlichen Statement auf die Medienberichte rund um die Führungsstrukturen der Tafel und das vom geschlossen zurückgetretenen Beirat des Vereins favorisierte Modell einer Gemeinnützigen GmbH als Träger des operativen Geschäfts reagiert. Er gibt darin zu bedenken, dass die Tafel „sehr wohl ein Unternehmen sei, nämlich ein sozialer Dienstleister, dessen jährliche Einnahmen von über einer Million Euro zu weniger als 20 Prozent aus Spenden stammen“. Der weit überwiegende Teil seien Zahlungen des Jobcenters und Verkaufserlöse des Sozialkaufhauses.

Rogusch weiter: „Richtig ist die Aussage, dass sich zahlreiche Menschen aus eigener Bedürftigkeit als Ehrenamtler melden und sich daraus auch kleine Vorteile erhoffen – was völlig in Ordnung wäre, wenn hierfür klare Regeln eingehalten würden, die ein Abgleiten in die Grauzone der Illegalität verhindern. Dies erfordert eine professionelle Führung. Die könnte auch Rückmeldungen der Ehrenamtler kanalisieren, welche aus reinem Idealismus mithelfen wollen, heute aber zu sehr alleingelassen und dadurch abgeschreckt werden.

Die heutige Führung der Tafel nach individuellem Gutdünken führt ins Chaos – nach Gutsherrenart kann man vielleicht einen kleinen Briefmarkenverein führen, aber nicht einen komplexen Dienstleister. Dass die einzelnen Tafel-Gutsherren auf allen Ebenen guten Willens sind, will ich gerne glauben, aber das reicht leider nicht; denn „das Unternehmen Tafel“ steht im Wettbewerb zu anderen Organisationen; bei der Suche nach Ehrenamtlern; bei den Sachspenden von privaten Spendern und vom Lebensmittelhandel, auf die die Tafel angewiesen ist. Die jetzigen Turbulenzen sind da äußerst schädlich. Sie sind das Ergebnis einer Gemengelage aus Unwissen, Unfähigkeit, bewusstem Nicht-zur-Kenntnisnehmen offensichtlicher Unregelmäßigkeiten und fehlendem Unrechtsbewusstsein für Verletzung von Normen / Regeln.

Natürlich gibt es bei allen Beteiligten auch viel Engagement, Empathie für die Tafelkunden und Hilfsbereitschaft. Wuppertal braucht die Tafel; sie muss sich neu organisieren, professioneller werden und anerkennen, dass sie sehr wohl mit einem (Sozial-)Unternehmen zu vergleichen ist.“

Auf die Vorwürfe reagierte Arnold Norkowsky in einem Schreiben an die Rundschau. Er wirft Rogusch darin vor, „kein Interesse an der Zukunft der Tafel, sondern mehr an deren Zerschlagung“ zu haben. Außerdem sei er gar nicht als Beisitzer in den Vorstand gewählt worden. Norkowsky weiter: „Der Erfolg der Wuppertaler Tafel liegt im Besonderen an der Tatsache, dass Herr Nielsen die Tafel seit Gründung die Tafel in der Hand hatte.“ Dabei von einem Wirtschaftsunternehmen zu reden sei nicht richtig: „Die Tafel ist eine Sozialeinrichtung für die Bürgerinnen und Bürger, die der Hilfe bedürfen, und nichts anderes.“ Der künftige Tafelvorstand werde „die erfolgreiche Arbeit ganz sicher fortsetzen und Herrn Nielsen mit einer Ehrenposition einbinden“. Dass der zurückgetretene Beirat die Gründung einer gGmbH mit einem hauptamtlichen Geschäftsführer ins Gespräch gebracht habe. liege seiner Ansicht nach daran, dass man diesen dann leichter lenken könne.    

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