Spektakuläres Wimmelbild Jacques Tilly zeichnet Wuppertal

Wuppertal / Düsseldorf · Wer hätte das gedacht: Der Düsseldorfer Jacques Tilly ist nicht nur Deutschlands bekanntester Karnevalswagen-Baukünstler, sondern auch bekennender Wuppertal-Fan. Und seine Sympathie für die Schwebebahnstadt hat jetzt in Form eines ganz besonderen Stadtportraits kreative Gestalt angenommen – mit einem spektakulären Wimmelbild, das Architektur, Kultur, Menschen und Geschichte im ganz speziellen Tilly-Stil widerspiegelt. Es ist ab sofort in verschiedenen Formaten exklusiv bei der Buchhandlung v. Mackensen am Laurentiusplatz zu haben.

 Jacques Tilly mit seinem überbordenden Wuppertaler Stadtportrait.

Jacques Tilly mit seinem überbordenden Wuppertaler Stadtportrait.

Foto: Tilly

Eigentlich wollte Jacques Tilly am Montag (8. Februar 2021) selbst ins Tal kommen, um das wuselige Werk vorzustellen. Eis und Schnee machten ihm zwar einen Strich durch die Rechnung, dafür sprudelt er im Telefonat mit der Rundschau aber förmlich über, wenn er über die Stadt spricht: „Ich hatte mich seinerzeit an der Bergischen Universität für den Studiengang Kommunikationsdesign beworben und wäre wohl auch genommen worden, habe dann aber vorher eine Zusage aus Essen bekommen. Sonst wäre ich vielleicht Wuppertaler geworden.“ Zu Besuch war der 57-Jährige danach trotzdem oft, mit den Kindern im Zoo, in Tony Craggs Skulpturenpark und bei Vorstellungen des Tanztheaters. „Ich bin ein riesiger Pina-Bausch-Fan“, verrät Tilly. Nicht umsonst ist das Porträt der Choreographie-Ikone noch ein bisschen größer ausgefallen als die der vielen anderen Wuppertal-Promis, die Tillys Stadtpanorama bevölkern.

Das Bild war ursprünglich Teil eines Kalenders, in dem Tilly im Auftrag der Staatskanzlei die größten Städte des Landes in Szene gesetzt hat. Jetzt hat die Buchhandlung v. Mackensen in Kooperation mit der Rundschau den wilden Streifzug von Vohwinkel bis Beyenburg auch einzeln als Must-Have für die Wand jedes Lokalpatrioten verfügbar gemacht. Und an dem kann man sich eigentlich gar nicht sattsehen. Alle paar Quadratzentimeter gibt es neue Details zu entdecken, die beweisen, dass sich da jemand so richtig tief ins Tal reingefunden hat – bis hin zur winzigen Jakobsmuschel an der Beyenburger Klosterkirche, die augenzwinkernd andeutet, dass hier der Jakobsweg entlang führt.

Kaum zu übersehen, dass die Beschäftigung mit Wuppertal alles andere als eine Pflichtaufgabe für Tilly war. „Wuppertal ist eine fantastische Stadt, die ich gerne gezeichnet habe“, bestätigt er und wäre nicht der für seine bitterbösen Mottowagen bekannte Tilly, wenn er nicht noch nachschieben würde: „In Bielefeld war ich zum Beispiel noch nie, falls es das überhaupt gibt …“

Außerdem passte Wuppertal auch wie die Faust aufs Auge in das vorgegebene Querformat hinein. „Die Stadt ist ja wie eine langgezogene Wurst, das ist ideal.“ Trotzdem war es eine echte Herausforderung, so viel Wuppertal-Leben aus zehn Stadtteilen auf so wenig Fläche zu bringen. Wie packt man sowas überhaupt an? „Am Anfang zeichne ich einfach nur Ringe, dann kommen immer neue Papiere drüber und das Ganze wird verfeinert. Unter dem fertigen Bild liegen bestimmt drei bis vier Schichten Vorzeichnungen, das war wochenlange Arbeit“, erinnert er sich an den Entstehungsprozess. Und noch länger dauerte die Recherche, bei der ihm Wuppertal-Insider geholfen haben. Vieles wusste er aber auch selbst. „Ich bin historisch wahnsinnig interessiert und habe mich zum Beispiel mit der bekennenden Kirche und Karl Barth befasst befasst. Der musste natürlich drauf.“

 Das Wimmelbild gibt’s jetzt als Druck auf Leinwand oder Acryl in unterschiedlichen Formaten.

Das Wimmelbild gibt’s jetzt als Druck auf Leinwand oder Acryl in unterschiedlichen Formaten.

Foto: Tilly

„Die Schwebebahn ist der Dom von Wuppertal“

Genau wie zwei ganz andere aktuelle Wuppertal-Größen, die Tilly vor Augen hatte: „Ich bin nicht so ein Freund von deutschen Filmen. Der einzige, den ich uneingeschränkt gut fand, war ‚Lola rennt‘. Und Ich mag eigentlich auch keine deutschen Serien – außer ‚Stromberg‘, die war ein echtes Highlight.“ Folglich stecken natürlich auch Tom Tykwer und Christoph-Maria Herbst ihre Köpfe aus dem Wuppertal-Gewimmel, das logischerweise auch komplett von der Schwebebahn durchzogen wird. „Die ist ja der Dom von Wuppertal“, findet Tilly.

Einen dicken, fetten Wuppertal-Aktenordner hat er als Ergebnis der Recherchen jetzt im Schrank stehen – und die Erkenntnis mitgenommen, dass Wuppertal im Gegensatz zu manchen Ruhrgebietsstädten durchaus ein gutes Selbstbewusstsein hat. Das kann er nachvollziehen: „Wenn man von Düsseldorf aus nach Wuppertal kommt, ist man in einer anderen Welt, wie im Mittelgebirge. Dann so etwas wie das das Briller Viertel, da denke ich jedes Mal boah, das ist Wahnsinn. Oder die Treppensituationen – Wuppertal hat für mich etwas Originelles.“

Bleibt nur noch die Frage, wieso der kreative Karnevals-Kopf Tilly eigentlich am Telefon so gute Laune hat, obwohl doch die jecke Jahreszeit dieses Jahr praktisch eine Nullnummer ist. „Wir haben uns bis jetzt eigentlich ganz gut da durchgeschlagen und viele Aufträge aus anderen Ecken bekommen“, schildert er die Lage seines Teams, das zum Beispiel den ZDF-Fernsehgarten umgestaltet und Weihnachtsfiguren gebaut hat. Und bei aller Trauer um den Straßenkarneval, der in einer Woche mit aufsehenerregenden Tilly-Mottowagen im Düsseldorfer Rosenmontagszug seinen Höhepunkt erlebt hätte, bleibt dem Künstler wenigstens ein Stressauslöser erspart: „In den letzten Jahren war das Wetter wirklich schlimm, da musste man ständig bangen. Und dieses Jahr wäre es wohl unheimlich kalt geworden …“

Und wer Trubel will, kann ja stattdessen auf Tillys Wimmelbild gucken …

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