Schüsse auf offener Straße

Wuppertal · Szenen wie im Krimi spielten sich Ende vergangenen Jahres an der Steinbeck ab. Der Fall wird jetzt vor dem Landgericht verhandelt. Die Anklage lautet auf versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung.

 Versuchter Mord aus Eifersucht? Der Angeklagte mit seinem Verteidiger, Rechtsanwalt Sedat Kapusuz.

Versuchter Mord aus Eifersucht? Der Angeklagte mit seinem Verteidiger, Rechtsanwalt Sedat Kapusuz.

Foto: Dirk Lotze

Der Angeklagte aus Gladbeck gab bei Prozessbeginn zu, einen Mann (34), den er nur per Internet kannte, aus Eifersucht vor dessen Haustür in der Elberfelder Südstadt abgepasst, mit einer Pistole beschossen und damit lebensgefährlich verletzt zu haben. Der 41-Jährige sagte aus, kurz zuvor im Computer seiner Freundin Hinweise auf eine mögliche intime Beziehung zwischen ihr und seinem späteren Opfer gefunden zu haben: "Er war der einzige männliche Kontakt außer mir in ihrer Freundesliste."

Das 34-jährige Opfer war nach dem Überfall Anfang Dezember an der Südstraße an seinen Verletzungen beinahe verblutet. Eine Kugel hatte seinen Kiefer durchschlagen und seinen Hals verletzt, bevor sie in einer Rippe stecken blieb. Er hat sich seither mehreren schweren Operationen unterziehen müssen. Der Angeklagte sagt: "Ich wollte nur, dass wir reden. Es tut mir so leid, was ich getan habe."

Er bestätigte Ermittlungsergebnisse, wonach er den jüngeren Mann unter einem erfundenen Frauennamen übers Internet angeflirtet hatte. Der Wuppertaler soll die vermeintliche Unbekannte daraufhin zu einer Abendverabredung zu sich nach Hause eingeladen haben. Treffpunkt sollte ein Supermarktparkplatz nahe seiner Wohnung sein. Nach Informationen unserer Zeitung waren es Internet-Spuren dieser ausführlichen Kontaktaufnahme, die später die Fahnder auf die Spur des Angeklagten brachten.

Der 41-Jährige hat zugegeben, kurz vor der vereinbarten Treffzeit unter einem Vorwand an der Wohnungstür des vermeintlichen Konkurrenten geklingelt zu haben. Mutmaßlich wollte er sich vergewissern, dass er beim späteren Gegenübertreten auf der Straße mit gezogener Waffe den Richtigen angreifen würde. Die Pistole, laut Staatsanwaltschaft wohl ein halbautomatisches belgisches Fabrikat mit Kaliber 7,65 Millimeter, will der Angeklagte einige Wochen vor den Geschehnissen illegal in einem Spielsalon für 700 Euro von einem anderen Gast gekauft haben — angeblich ohne Bezug zur späteren Tat "aus technischem Interesse".

Laut Angeklagtem soll sich der zweite und folgenschwerste Schuss erst in einem Gerangel mit dem Opfer gelöst haben. Richter Martin Grund hielt dem 41-Jährigen vor: "Das passt nicht mit den Verletzungen überein."

Das Gericht wird dazu Experten befragen. Je nach den Feststellungen in der Hauptverhandlung muss der Angeklagte mit mehreren Jahren Gefängnis oder sogar mit Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik rechnen.

(Rundschau Verlagsgesellschaft)
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