Erstes Gespräch des Ex-OB nach der Wahlniederlage Peter Jung: Kapitel "Politik" ist abgeschlossen

Wuppertal · Schon äußerlich ist der Unterschied deutlich: Peter Jung kommt zum Gespräch nicht im Anzug sondern mit Pullover, Schal und Outdoor-Jacke. Aber ist der vorige Oberbürgermeister auch innerlich ein anderer?

 Peter Jung - immer noch ein wenig nachdenklich

Peter Jung - immer noch ein wenig nachdenklich

Foto: Raina Seinsche

Schon äußerlich ist der Unterschied deutlich: Peter Jung kommt zum Gespräch nicht im Anzug sondern mit Pullover, Schal und Outdoor-Jacke. Aber ist der vorige Oberbürgermeister auch innerlich ein anderer?

Fast unmittelbar nach der verlorenen Stichwahl war Jung abgetaucht. Hatte seinen Resturlaub genommen und ward nicht mehr gesehen. "Ich wollte keine ,Lame Duck' sein." Einer, auf den man wartet, dass er sein Büro freimacht. So drehte er im Rathaus eine Abschiedsrunde und blieb zu Hause. Und was macht man da? "Ich habe viel gelesen, Musik gehört, bin spazieren gegangen." Eine Auszeit hat er sich genommen, "um den Kopf wieder frei zu kriegen." Der war ja voll genug mit Fragen, was ihm da eigentlich passiert war.

Als klarer Favorit war er in die OB-Wahl gezogen und hatte eine deftige Niederlage erlitten. "Vielleicht verschleißt man sich doch in den Augen der Leute", sagt Jung nachdenklich und ist doch selbst nicht überzeugt von der Antwort. Schließlich habe er doch eine vorzeigbare Bilanz aufzuweisen: Mehr Einwohner, weniger Arbeitslose, mehr Licht im Schulden-Tunnel, etliche Großinvestitionen, zählt er auf und zuckt dann doch wieder ratlos die Achseln.

Sicher, der Döppersberg und die B 7-Staus waren eine Hypothek, aber warum die Wähler ihm den überflüssigen Bürgerbeteiligungsdezernenten angelastet haben und nicht der SPD, leuchtet ihm bis heute nicht ein. Vielleicht hat er das alles im Vorfeld nicht deutlich genug gemacht, aber "platter Wahlkampf liegt mir einfach nicht." Seiner Partei offensichtlich auch nur im Maßen.

Im Bereich der sozialen Medien jedenfalls fand Jung kaum statt. Vielleicht "ist da was verschlafen worden", mutmaßt er, wobei man dieses "Vielleicht" getrost streichen kann. Ohne ein engagiertes Team und eine pfiffige Kampagne ist heute kein OB-Posten mehr zu gewinnen. Da war ihm sein Kontrahent mehr als eine Nasenlänge voraus. Wobei dieser ob seines Erfolgs eigentlich genauso aus den Wolken fiel wie der Amtsinhaber Jung nach seiner Niederlage.

Jungs Umfeld hat ihn etwas weicher landen lassen. In erster Linie natürlich die Familie: "Noch am Wahlabend habe ich erfahren, dass ich zum ersten Mal Großvater werde." Das rückt die Maßstäbe dann wieder ein wenig gerade. Viele Wegbegleiter haben geschrieben und angerufen. Das tröstet, aber es hilft doch nur bedingt. "Mitleid ist auch eine Form des Leids" — und wer will denn schon bemitleidet werden?

Andererseits ist ein neues Betätigungsfeld für ehemalige Oberbürgermeister nicht leicht auszumachen. Die eigene Firma wird seit über zehn Jahren von seine Frau "hervorragend geführt", die sechste Generation steht schon in den Startlöchern. Jung hatte keinen "Plan B" und sieht auch nach drei Monaten keinen rechten Ersatz für seinen ehemaligen "Traumjob".

Immerhin: Der Tag beginnt wie zu Amtszeiten mit dem gemeinsamen Spaziergang mit seiner Frau um sechs Uhr in der Früh. Und die Wanderlust führt ihn auch zu seinem ersten Ehrenamt: Als designierter Vorsitzender des Sauerländischen Gebirgsvereins will er diese "Trendsportart weiter nach vorne bringen" — zusammen mit Peter Vaupel, dem der Abschied von seinem Traumjob auch nicht leicht gefallen ist. Irgendwie schließt sich da ja auch ein Kreis: Über die ehrenamtliche Bürgerinitiative für das Schwimmleistungszentrum kam Quereinsteiger Jung überhaupt erst zur Politik ...

Mit der hat er jetzt jedenfalls abgeschlossen. Obwohl, wenn das Thema Kultur aufkommt, wird er doch wieder recht konkret. Das Tanzzentrum Pina Bausch, ja, das befürwortet er — aber nur, wenn die anderen vier Standbeine nicht darunter leiden. Orchester, Oper, Schauspiel, Tanztheater, alles müsse gesichert sein, bevor man sich an der Kluse festlege. Wie schnell da was unrund laufen kann, hatte er noch miterlebt: Das Kamioka-Desaster jedenfalls "hat mir sicher einige Nicht-Wähler eingebrockt..." Auch wenn er diese Entwicklung nicht habe vorherhersehen können.

Genauso wenig, wie man die Finanzentwicklung prognostizieren könne. Eine Zinswende könnte alle Sparbemühungen auch im Kulturbereich zunichte machen. "Aber diese oder irgendwelche andere Fragen politisch kommentieren, nein, das werde ich nicht tun", wehrt Jung ab. Das gebiete auch der Respekt vor demjenigen, der jetzt die Verantwortung trägt.
Die Parkuhr ist abgelaufen und vor dem Haus wartet kein Fahrer mehr. Peter Jung macht sich auf den Heimweg: "Ich koche jetzt wieder viel."

Offensichtlich auch gut: "Ich hab' schon ganz schön zugenommen". Na ja - das kriegt man mit zwei, drei Wandertouren aber schnell wieder weg.

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