Tragödie Leben nach Gasexplosion: "Kann es nicht mehr hören"

Wuppertal · Während der Ehemann zum Pflegefall wurde, hat Gisela Padovan die Gas-Explosion im Haus an der Lenneper-Straße Ende Juni mit leichten Blessuren überstanden. Ausgestanden ist das Unglück für sie aber noch nicht.

 Der Start in ein neues Leben wird für Gisela Padovan durch Spekulationen um ihren Ehemann ausgebremst.

Der Start in ein neues Leben wird für Gisela Padovan durch Spekulationen um ihren Ehemann ausgebremst.

Foto: Bube

Neben Zukunftssorgen setzt ihr die Gerüchteküche in der Nachbarschaft sehr zu.

Ihre neue Wohnung an der Heckinghauser Straße verbreitet einen sterilen Charme. Lediglich ein paar Fotos auf der Kommode, die sie von ihrer Schwester bekommen hat, vermitteln etwas familiären Charakter. "Unsere ganzen persönlichen Sachen liegen in Schutt und Asche, sind wohl auf ewig verloren. Wie überhaupt das Leben durch den Vorfall so eine dramatische Wendung genommen hat", sagt Gisela Padovan (83) leise.

Sie erinnert sich kaum an den Moment der, mutmaßlich vom Mieter unter ihnen ausgelösten, Explosion. "Es war kurz nach Mitternacht, mein Mann und ich saßen im Wohnzimmer, als er unvermittelt sagte: 'Es riecht nach Gas'. Sekunden später knallte es und ich habe in dem Chaos wohl instinktiv meine Handtasche und die Umhängetasche meines Mannes genommen und bin nach draußen gelaufen."

Gisela Padovan kam sofort wegen das Verdachtes auf Rauchvergiftung ins Krankenhaus. Erst dort erfuhr sie, dass ihr 81-jähriger Ehemann durch die Wucht der Explosion auf die Straße geschleudert wurde und nun ebenfalls im Krankenhaus lag. Im Koma, mit gebrochenen Rippen, einer Lungenverletzung und insgesamt unklarer Prognose.

Gisela Padovan zur Rundschau: "Da meine kleinen Blessuren rasch verheilten und der Rauchvergiftungsverdacht sich nicht bestätigte, wurde ich entlassen und stand vor den Trümmern unserer Existenz. Alles, was wir in den 50 Jahren, die wir in diesem Haus wohnten, angeschafft haben, war mit einem Schlag weg." Sie findet Unterschlupf bei Verwandten, von denen sich besonders Großnichte Sonja Westermann jetzt um sie kümmert, sie mit dem Nötigsten versorgt. "Das war eine harte Zeit. Gebangt um den Ehemann, ohne Wohnung und nicht zu wissen, wie es weitergeht", berichtet die Seniorin.

Als das Problem einer neuen Wohnung gelöst ist, kommt die Hiobsbotschaft, dass ihr Ehemann jetzt ein Pflegefall ist und vermutlich bleiben wird. "Wir beide waren oft und fast immer gemeinsam unterwegs. Wir kannten die Nachbarn, sie uns, es war ein gutes Miteinander im Viertel. Das ist jetzt anders geworden und ich ertrage es kaum noch", sagt sie.

Die alte Dame erklärt die Zusammenhänge: "Viele wissen nicht, was mit meinem Mann ist. Es kommen Bekannte auf mich zu und fragen, weil sie ihn nicht mehr sehen, ob er der Verursacher des Unglücks war. Andere fragen: Ist er tot? Ich kann es nicht mehr hören. Neben all den Sorgen, wie ich jetzt allein zurechtkommen soll, rauben mir diese Gerüchte die letzten Nerven. Das muss ein Ende haben. Sonst finde ich keinen Anfang für ein neues Leben", erklärt Gisela Padovan der Rundschau — in der Hoffnung, dass nach der Veröffentlichung die Gerüchteküche schließt.

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