Kirche und Diakonie Für Toleranz, gegen Verschärfung

Wuppertal · In einer Stellungnahme setzen sich Kirche und Diakonie in Wuppertal für ein "toleranteres Miteinander und vielfältiges Leben in der Gesellschaft" ein.

 Für ein toleranteres Miteinander (v.l.): Dr. Martin Hamburger (Direktor der Diakonie Wuppertal), Ilka Federschmidt (Superintendentin der Ev. Kirche in Wuppertal) und Mirjam Michalski (Geschäftsführerin der Diakonie Wuppertal - Sozialen Teilhabe gGmbH).

Für ein toleranteres Miteinander (v.l.): Dr. Martin Hamburger (Direktor der Diakonie Wuppertal), Ilka Federschmidt (Superintendentin der Ev. Kirche in Wuppertal) und Mirjam Michalski (Geschäftsführerin der Diakonie Wuppertal - Sozialen Teilhabe gGmbH).

Foto: Romina Volmer / Diakonie Wuppertal

Im öffentlichen Diskurs um die in Deutschland lebenden geflüchteten Menschen dominierten die Themen Rückkehr und Abschiebung, so Diakoniedirektor Dr. Martin Hamburger: ,Es steht nicht der bestmögliche Schutz und die Unversehrtheit von Schutzbedürftigen im Vordergrund der Debatte. Das muss sich ändern, damit es gesellschaftliche Entwicklungen, in denen öffentlicher Rassismus sichtbar wird, wie beispielsweise zuletzt in Chemnitz, nicht mehr gibt."

Die "Abschiebeorientierung" habe auch Einfluss auf aufenthaltsrechtlich zunächst gesicherten Menschen, da hier Ängste und Unsicherheiten übertragen würden. Dabei sei insbesondere die Landesregierung in NRW durch ihren beschlossenen Asyl-Stufenplan Vorreiter der beschriebenen Entwicklungen, die sich durch Ausgrenzung, Abschottung und Abschiebung auszeichneten.

Die gesetzliche Einschätzung zur Sicherheit eines Herkunftslandes führe zu "gravierenden Einschränkungen" im Asylverfahren. ,Es werden de facto das Recht auf Freiheit und der Zugang zu rechtsstaatlichen Verfahren für bestimmte Personengruppen außer Kraft gesetzt, indem zum Beispiel schon vor Durchführung eines Asylverfahrens erklärt wird, die Person käme aus einem sogenannten sicheren Herkunftsland und benötige, ungeachtet der individuellen Lebensgeschichte, kein Recht auf Asyl", warnt Mirjam Michalski (Geschäftsführerin der Diakonie Wuppertal - Sozialen Teilhabe gGmbH). "Dabei sind integrierte Menschen von Abschiebung und Angst bedroht ihre bereits gefestigten sozialen Strukturen in unserem Land und ihr neu gewonnenes Zuhause zu verlieren."

Herkunftsländer von Asylsuchenden gelten als sicher, wenn von der Bundesregierung davon ausgegangen wird, dass ihnen in diesen Staaten weder politische Verfolgungen noch sonstige menschenunwürdige Bestrafungen drohen. Die Asylanträge von Personen aus sicheren Herkunftsländern werden in der Regel als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt, außer es können Tatsachen oder Beweismittel angeführt werden, die deutlich machen, dass dennoch eine politische Verfolgung droht (Paragraf 29a Asyl).

Die Evangelische Kirche in Wuppertal engagiert sich seit mehr als drei Jahrzehnten in der Arbeit für Geflüchtete. "Kirche und Diakonie in Wuppertal verstehen sich hierbei als Anwalt für die Rechte und Bedürfnisse der in Wuppertal lebenden Flüchtlinge und Zugewanderten", heißt es. Die Diakonie Wuppertal bietet durch die Abteilung Migrationsdienste offene Sprechstunden für Geflüchtete und Zugewanderte an, in denen diese Hilfestellungen bei asyl-, sozial- und aufenthaltsrechtlichen Fragestellungen erhalten. Der Kirchenkreis Wuppertal unterstützt die Diakonie Wuppertal dabei mit der Bereitstellung finanzieller Ressourcen, wie es in der letzten Synode bekräftigt worden ist.

Die enge Zusammenarbeit bedeute auch, dass die Mitarbeitenden der Flüchtlingsberatung in enger Abstimmung mit der Superintendentur und der Landeskirche im Rheinland Kirchenasylfälle betreuen und Kirchengemeinden entsprechend beraten. "Bislang wurden alle Kirchenasylfälle positiv gelöst, was auch die bestehenden Rechtsfehler im Asyl- und Sozialsystem aufzeigt, die die unabhängige Arbeit der evangelischen Migrationsdienste notwendig machen", so Kirche und Diakonie.

Zum 1. Augst 2018 wurden die Regelungen zum Kirchenasyl durch die Innenminister von Bund und Ländern "verschärft und dadurch eine erst in 2015, zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und den Kirchen, gemeinsam erarbeitete Form der Einigung einseitig" aufgehoben. "Die beschlossene Erhöhung der so genannten Überstellungsfrist von sechs auf 18 Monate bedeutet eine sehr hohe Belastung für die Schutzsuchenden und die Kirchengemeinden", erklärt Superintendentin Ilka Federschmidt. Die Überstellungsfrist ist der Zeitraum, in dem ein Asylbewerber aus Deutschland in den, nach der so genannten Dublin-Verordnung, eigentlich zuständigen europäischen Staat zurückgeschickt werden kann.

Die Kirchen hätten dem Staat immer zugesichert, dass es bei der vorübergehenden Aufnahme Schutzsuchender in Klöstern oder Kirchengemeinden stets um eine Nothilfe in besonders gelagerten Einzelfällen gehe. "Schutzsuchende, denen Gefahr für Leib und Seele droht, müssen drei Mal so lang unter dem Dach einer Kirche leben, wie es bislang der Fall war. Nach den am 1. August in Kraft getretenen Regeln würden Schutzsuchende als ,flüchtig‘ gelten, wenn das BAMF einen Härtefall ablehnt, obwohl der Aufenthaltsort des Kirchenasyls den Behörden bekannt ist", ergänzt Federschmidt.

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