Die Bürgerbeteiliger

Wuppertal · Jetzt ist sie komplett, die Stadt-Stabsstelle für Bürgerbeteiligung. Der neue Dezernent Panagiotis Paschalis hat seine beiden Mitarbeiter: Die 25-jährige Franziska Fischer und der 31-jährige Dr. Marcel Solar wurden aus rund 220 bundesweiten Bewerbern ausgewählt.

Für diese drei fängt nun die Arbeit richtig an: Bürgerbeteiligungsdezernent Panagiotis Paschalis (rechts) mit seinen beiden neuen Mitarbeitern Franziska Fischer und Dr. Marcel Solar.

Foto: Bettina Osswald

Nun geht's um konkrete Themen — und die Entwicklung langfristiger Leitlinien.

Marcel Solar hat sich an der Universität Bonn als wissenschaftlicher Mitarbeiter intensiv mit den Themen direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung beschäftigt, Franziska Fischer war wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Düsseldorf, wo sie besonders zur internetgestützten Bürgerbeteiligung forschte.

Im Gespräch mit der Rundschau machen Fischer und Solar schnell deutlich, wie ungewöhnlich und nach vorn orientiert der Wuppertaler Bürgerbeteiligungsansatz ist: Zwar seien auch Bonn, Heidelberg, Jena oder Potsdam schon lange fest im Sattel, doch "so hoch in der Stadtspitze angesiedelt wie in Wuppertal, das ist neu und sehr spannend", sagt Franziska Fischer. Bonn als Bürgerbeteiligungsvorreiter beispielsweise habe nur eine bis anderthalb Stellen für das Thema im Programm. Nachtschichten und Klausurtagungen gab es schon — zusammen mit Dezernent Paschalis, der seit September im Amt ist, und "ungeduldig" auf die zwei Mitarbeiter gewartet hat.

Was steht jetzt an? Der Blick auf die konkreten Wuppertaler "Problemfälle" Forensik, Seilbahn, Carnaper Platz, "Qualitätsoffensive Innenstadt" oder Nahverkehrskonzept. Und die Erarbeitung von Regeln, sprich Leitlinien, für die Bürgerbeteiligung in Wuppertal. Eine ganze Reihe von Monaten wird es ab jetzt dauern, bis — mit regelmäßigen Zwischenberichten — diese Leitlinien stehen. Und der Stadtrat dann darüber abstimmt. Verwaltung, Politik und Bürger werden sich in kleinen, arbeitsfähigen Gruppen gemeinsam damit beschäftigen, nach welchen "Gesetzen" in Wuppertal Bürgerbeteiligung ablaufen soll. Nach welchen technischen und nach welchen inhaltlichen "Gesetzen". Was ist Bürgerbeteiligung? Wo ist sie angesagt? Wo fängt sie an? Mit wem ist sie realisierbar? Diese und viele weitere Fragen stehen im Raum — und müssen in eine Form gegossen werden, mit der alle leben und arbeiten können.

Für Marcel Solar ist dieser Wuppertaler Weg "im Kern ein politisches Experiment". Dezernent Paschalis ergänzt: "Der Grundbaustein des Ganzen ist Transparenz. Bürgerbeteiligung verstärkt und ertüchtigt die repräsentative Demokratie. Wuppertal hat eine starke Tradition von Bürgerengagement, es gibt hier viel Erfahrung damit, sich zu beteiligen." Jetzt braucht es für all das einen verlässlichen Rahmen, der für die Zukunft trägt.

Wie bekommt man die Bürger (vor allem auch die, die sich bisher noch nicht oder nicht mehr beteiligen) ins Boot? Wie findet man die, die am Tisch mit Verwaltung und Politik — neutral moderiert — Wuppertals Bürgerbeteiligungsleitlinien bauen? Gebraucht werden sechs bis zehn Menschen, die bereits sind, sich über mehrere Monate ins Thema zu knien. Man kann mit freiwilligen Ausschreibungen plus Losverfahren suchen, oder auch mit repräsentativer Auswahl plus der Hoffnung auf Bereitschaft zum Mitmachen. Wie Wuppertal vorgehen wird, ist noch offen. Auch offen ist (noch), welche der verschiedenen Instrumente der Bürgerbeteiligung greifen, wenn's konkret wird: Ein Thema wie die Seilbahn beispielsweise ist ergebnisoffen, der Bereich Forensik nicht.

Trotzdem: Gelebter Dialog, offenes Benennen von Problemen und Konflikten sowie Abwägen aller Seiten mit dem Ziel, eine mehrheitliche Konsenslösung zu finden, ist stets das Hauptziel von Bürgerbeteiligung. Wichtig dabei: Rückkopplung, Antwort, Offenlegung der Abläufe, regelmäßige Berichte, moderne Web-Seiten — und wirklich flexible Termine, so dass nicht immer nur die sich beteiligen (können), die immer schon dabei sind.

Panagiotis Paschalis, Franziska Fischer und Marcel Solar fassen zusammen: "Unser Ziel ist eine Win-Win-Win-Situation für den Dreiklang aus Verwaltung, Politik und Bürgern. Unser Auftrag ist die Erstellung eines vernünftigen Angebotes, mit dem alle arbeiten können. Auf diesem Weg wird es natürlich auch Konflikte geben. Und man darf nie vergessen: Bürgerbeteiligung macht Arbeit."