Diakonie Wuppertal Weiter große Sorge vor geplanten Kürzungen

Wuppertal · Mit den geplanten massiven Einsparungen von Bundesmitteln bei den Jobcentern ab 2024 droht ein gravierender Abbau von Qualifizierungen und Beschäftigungen für Erwachsene, Langzeitarbeitslose und Geflüchtete. Mit ernsthaften Folgen für die betroffenen Menschen in Bereichen der Diakonie Wuppertal – Soziale Teilhabe gGmbH – wie bei Simon, 25 Jahre alt und Teilnehmer im Projekt „yoUr turn“ der Diakonie Wuppertal.

Diakoniedirektorin Dr. Sabine Federmann.

Foto: Federmann

„Wir schauen mit Sorge auf die geplanten Einsparungen der Bundesmittel. Die uns anvertrauten Menschen kommen mit Problemen der Arbeitslosigkeit zu uns und stehen in den meisten Fällen vor zusätzlichen sozialen Problemen, zum Beispiel der Wohnungslosigkeit, prekären familiären Schwierigkeiten oder sozialen Ängsten bis hin zu suizidalen Gedanken“, weiß Anton Mause (Abteilungsleiter Coaching und Vermittlung der Diakonie Wuppertal – Soziale Teilhabe gGmbH).

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Beschäftigungsmaßnahmen können schulische und berufliche Qualifizierungen erlangen, die ihnen eine Vermittlung auf den ersten Arbeitsmarkt ermöglichen. „Die Zusammenarbeit zwischen dem Jobcenter Wuppertal und der Diakonie ist seit Jahren erfolgreich, mit großer Wirkung auf die berufliche, aber auch persönliche Entwicklung der Teilnehmenden“, so die Diakonie. Die Sozialpädagogen arbeiten demnach auf der Grundlage eines individuellen, ganzheitlichen Ansatzes, mit dem Ziel, die jungen Menschen in ein gefestigtes soziales und berufliches Verhältnis zu vermitteln.

Simon ist 25 Jahre alt und war für das Jobcenter nicht erreichbar (Name zum Schutz geändert, Anm. der Red.). Er galt als schwer vermittelbar. Bei der Diakonie hat er eine erste Anlaufstelle für sich gefunden. „Wir erarbeiten gemeinsam mit den Menschen ihre persönliche berufliche Perspektive. Dies gelingt, vor allem dadurch, dass wir eine gute Beziehung aufbauen mit einem Vertrauensverhältnis als Basis für unsere weitere Arbeit. Die Menschen kommen mit dem Wunsch nach einer Ausbildung und Arbeit zu uns, sie wünschen sich aber auch Stabilität und Struktur für ihr Leben. Oft ist der individuelle Rucksack an Problemen sehr groß.“, sagt Susanne Wesseler, Sozialpädagogin im Projekt „yoUr turn“.

Individueller Rucksack an Problemen

„yoUr turn“ ist eine Maßnahme, die seit Jahren in Zusammenarbeit mit dem Jobcenter das Zeil verfolgt, junge Menschen, die als schwer erreichbar und aufgrund von großen Vermittlungshemmnissen als arbeitsmarktfern gelten, aufzufangen, da abzuholen, wo sie stehen und sie nachhaltig in den Arbeits- oder Ausbildungsmarkt zu integrieren. Simon fand seinen Weg zum aktuellen Jobcoach-Projekt über ein vorangestelltes Projekt der Diakonie. Hier wurde er in seinem sozialen Umfeld aufgesucht und individuell durch freizeitpädagogische Maßnahmen an das System herangeführt. Anschließend wurde er im Projekt angebunden, um dort individuell mit einem ganzheitlichen Betreuungs- und Vermittlungsansatz, der durch das vielfältige Angebot der Diakonie Wuppertal möglich ist, Unterstützung zu finden.

Koch- und Sportangebote gehören dazu

Simon lebte in einem schwierigen sozialen Umfeld, leidet unter Schlafstörungen, multiplen psychischen Problemen und fand daher keinerlei Tagesstruktur. Mit Hilfe der Koch- und Sportangebote, die ebenfalls Teil des Projekts sind, hat er direkte Hilfestellung erfahren. Durch die interne und externe Vernetzung der Miarbeiterinnen und Mitarbeiter der Diakonie Wuppertal erfahren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Vermittlungsprojekten Anschluss an andere Hilfesysteme wie die Schuldenberatung, die Familienberatung, die Migrationsdienste oder die Wohnraumvermittlung.

Besondere Angebote für Gruppe U25

Besonders für die Altersgruppe U25 bietet die Diakonie unterschiedliche Vernetzungsmöglichkeiten. „Das A und O für diesen ganzheitlichen Ansatz ist die individuelle sozialpädagogische Betreuung der Teilnehmer. Das individuelle Coaching und die Beziehungsarbeit, die wir mit jedem Einzelnen Teilnehmer leisten, führen zu langfristigen Ergebnissen und zu nachhaltiger Vermittlung. Diese enge Betreuung ist im Regelbetrieb anderer Jobvermittlungen nicht möglich“, so Susanne Wesseler.

Simon hat heute einen strukturierten Alltag kennengelernt und mit der Offenen Tür – dem Jugendzentrum mit seiner direkten Lage neben dem Jobcoach-Projekt „yoUr turn“ am Wichlinghauser Markt – neue Freundschaften geschlossen. „Es ist nun endlich möglich, auch seine beruflichen Perspektiven zu thematisieren und ihn für seine Zukunft langfristig zu stärken und zu vermitteln“, heißt es. „All diese individuellen Betreuungen und Maßnahmenvermittlungen sind mit den geplanten Kürzungen im Bundesetat bei den Jobcentern und ihren Auswirkungen auf den sozialen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt, wie den Jobcoach, Projekten der Diakonie Wuppertal – Soziale Teilhabe, nicht mehr möglich.“

Das Bundeskabinett hatte für 2024 angekündigt, die Mittel für die Jobcenter um mindestens 500 Millionen Euro zu kürzen. Ein kleiner Teilerfolg ist Ende September erzielt worden. Die geplante Verlegung der Zuständigkeit für die Arbeitsförderung der unter 25-Jährigen, die heute Leistungen nach dem SGB II beziehen, von den Jobcentern zu den Agenturen für Arbeit ist gekippt worden. Von diesen Auswirkungen wären die jungen Langzeitarbeitslosen stark betroffen gewesen. Bei den Agenturen für Arbeit bestehen keine Strukturen für die Betreuung junger, langzeitarbeitsloser oder geflüchteter Menschen.

Protest führte zu Teilerfolg

„Der Widerstand der letzten Wochen hat schon etwas erreicht. Wir können was erreichen und Fehler können korrigiert werden. Für uns ist es nur ein kleiner Teilerfolg, denn die massiven geplanten Einsparungen werden große Lücken reißen.“, sagt Diakoniedirektorin Dr. Sabine Federmann. „Die fachliche Kompetenz liegt seit Jahren erfolgreich bei den Jobcentern in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Projekten, wie unserem Jobcoach-Projekt ,yoUr turn‘ der Diakonie Wuppertal – Soziale Teilhabe.“

Sparpläne korrigeren

„Wir müssen die Sparpläne korrigieren. Sparen an dieser Stelle wird zukünftig Geld und Menschenwürde kosten, wenn keine soziale Teilhabe für die uns anvertrauten Menschen durch diese Sparpläne mehr möglich ist. Deshalb müssen wir uns weiter im Bündnis dagegen stark machen.“, sagt Dr. Sabine Federmann weiter.

Die Diakonie Wuppertal fordert weiterhin, dass die Kürzungspläne zurückgenommen werden und dass die Maßnahmen finanziell abgesichert sind, sodass die Arbeitsförderung, für die unter 25-Jährigen bei den fachlich qualifizierten Trägern bleibt, die die Maßnahmen in Zusammenarbeit mit den Jobcentern seit Jahren erfolgreich durchführen.