Probleme nicht abwälzen

Betr.: "Haushalt gut, Wohlfahrt nicht", Rundschau vom 23. Januar

Die Forderung der Wohlfahrtsverbände nach Erhöhung der Zuschüsse ist nachvollziehbar. Sie mahnen zu Recht, sozialen Frieden gäbe es nicht zum Nulltarif. Stolz erklären sie, man zahle nach Tarif. Meines Wissens ist nur ein kleiner Teil der Betriebe der Wohlfahrtsverbände bereit, Tarifverträge abzuschließen. Insbesondere die größten Unternehmen der Verbände, die Kirchen, gehen den Gewerkschaften aus dem Weg. In der Regel "orientieren" sich diese Arbeitgeber nur an Tarifverträgen.

Dass auch Tarifverträge nur so gut sein können wie die Gewerkschaft Arbeitsbedingungen erkämpfen kann, dürfte jedem bei den Kita-Streiks bewusst geworden sein. Die berechtigte Forderung nach einer Aufwertung der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst hat gezeigt, dass auch Tarifverträge nicht immer eine angemessene und gerechte Bezahlung beinhalten. Aber sie sind immerhin besser als die Arbeitsbedingungen in nicht tarifgebundenen Betrieben.

Wenn jetzt gemeldet wird, dass die reichsten zehn Prozent der Deutschen 52 Prozent aller Vermögen besitzen, aber die untere Hälfte aller Deutschen sich nur ein Prozent des Nettovermögens teilen, dann sind das vor allem Ergebnisse politischer Entscheidungen. Ein Abwälzen von Problemen auf andere — vor allem auf sozial Benachteiligte und Schwache — hilft nur scheinbar.

Wolfgang Ringes, Ravensberger Straße

(Rundschau Verlagsgesellschaft)
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