In der Regel Abschiebung

Betr.: Interview mit Helge Lindh, Rundschau vom 28. September

Wer als Bundestagsabgeordneter in der Öffentlichkeit steht und dort menschen- und integrationsfeindlichen Gesetzen zustimmt, muss sich Kritik gefallen lassen und darf nicht darauf hoffen, von allen Seiten Beifall zu bekommen.

Wenn Herr Lindh es als Angriff auf seine persönliche Integrität wahrnimmt, wenn andere ihm nicht das Mikro reichen wollen – was sollen dann die Geflüchteten sagen, die wegen des „Hau-Ab-Gesetzes“ nun jegliche Teilhabe und Integrationschancen verlieren?

Die, weil sie keine Papiere bekommen können oder auch – aus Angst vor Abschiebung – nicht beschaffen wollen, nunin Beugehaft genommen werden, im Abschiebeknast landen und ihre Arbeitserlaubnis verlieren? Die jede Chance verlieren, irgendwann einmal ein Bleiberecht zu bekommen, egal wie lange sie schon hier leben?

Oder diejenigen, die anderswo einen Schutzstatus haben, wo sie aber obdachlos und ohne Hilfe sind, und die nun auch hier in Deutschland alle Sozialleistungen verlieren?

Das „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“, auch „Hau-Ab-Gesetz“ genannt, zielt komplett auf die „Durchsetzung der Ausreisepflicht“ ab, und das bedeutet in der Regel Abschiebung.

Abgeschoben wird übrigens zunehmend häufig auch aus Wuppertal. Mitunter brutal und mitten in der Nacht. Und nun möchte Herr Lindh, der diese Gesetzgebung rechtfertigt und mitträgt, weiterhin geherzt werden für seine tolle Integrationspolitik, wobei er seinen KritikerInnen einen „moralischen Rigorismus“ vorwirft.

Es gab kein „Redeverbot“. Es gab eine Diskussion um ein Mikro.

Und wenn Herr Lindh die Vorwürfe eminent persönlich nimmt, muss er damit leben, dass andere Abschiebungen sehr persönlich nehmen.

Judith Welkmann

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