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Kinder- und Jugendtheater: Zeigen, was Flucht wirklich heißt

Kinder- und Jugendtheater : Zeigen, was Flucht wirklich heißt

Das Kinder- und Jugendtheater wagt sich mit dem Stück "Krieg — stell Dir vor, er wäre hier" an ein ungewöhnliches Projekt, das von einem internationalen Ensemble auf die Bühne gebracht wird.

Seit 2014 arbeitet das Wuppertaler Kinder- und Jugendtheater mit jungen Menschen, die vor dem Krieg in ihrer Heimat nach Deutschland geflüchtet sind. "Wir wissen also, wie schwierig es ist, mit dieser Zielgruppe Theaterprojekte auf die Beine zu stellen. Bisher haben wir das in einem temporären Rahmen getan, sind damit nicht an die Öffentlichkeit gegangen, haben aber so unseren Beitrag zur Integration geleistet", erklärt Barbara Sydow, Geschäftsführerin des Theaters.

Das wird sich nun ändern. Mit der eindringlichen Erzählung "Krieg — stell Dir vor, er wäre hier" der Jugendbuchautorin Janne Teller hat Lars Emrich, künstlerischer Leiter des Theaters, eine Textvorlage gefunden, die jetzt auf die Bühne kommen soll. Neben fünf jungen Schauspielern aus Wuppertal werden auch fünf junge Menschen mit Fluchterfahrung im Ensemble sein.
"Ich habe den Text auf zehn Schauspieler verteilt, dazu kommen eigene Texte, Dokumentarisches aus dem Leben der Jugendlichen.

Das Stück ist in der Du-Form geschrieben, dreht sich um die Fiktion, was wäre, wenn wir die Koffer packen müssten, um nach Afghanistan zu gehen, um zu überleben. Es ist kein Stück über Flüchtlinge oder die theoretische Erklärung, was Flucht bedeutet, sondern es stehen zehn Persönlichkeiten auf der Bühne, die bei allen Differenzen am Ende ein Ensemble sind", so Lars Emrich, der für die Regie verantwortlich ist — und für die jungen Zugewanderten zusätzliches Schauspiel- und Sprechtraining organisierte. Dabei konnte er auf eine erfahrene Theaterpädagogin zurückgreifen, die auch für die Auswahl der Darsteller zuständig war.

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Auf der Bühne werden die Jugendlichen auch authentische Momente ihres Lebens schildern. "Wichtig war mir dabei, dass die jungen Flüchtlinge nur das erzählen, was sie wirklich bereit sind, vor Publikum zu sagen. Was sie berichten, berührt tief, sie haben Verluste erlitten, oft die Familie zurückgelassen. Es ist ein Experiment, ich weiß immer noch nicht, wo wir am Ende ankommen.", so der Regisseur eine Woche vor der Premiere.

Als Emrich seinem Bühnenbildner Laurentiu Tuturuga von seiner Projektidee berichtete und ihm die Textvorlage schickte, gab es erst einmal Beratungsbedarf. "Wir haben stundenlang geredet, über Gott und die Welt, dann bin ich eingestiegen. Ich glaube, der Hauptgewinn für alle Teilnehmer ist am Ende die Fähigkeit, sich gegenseitig zuzuhören, zu begreifen, wie es in dem anderen aussieht, nicht mehr über 'wir‘ und 'die‘ zu reden. Ohne die dozierende Ebene zu fragen, was macht Heimat aus, was bedeutet es, ein Fremder zu sein , warum müssen Menschen flüchten. Warum gibt es keine Welt, in der keiner mehr flüchten muss?", gibt Bühnenbildner Laurentiu Tuturuga, selbst vor vielen Jahren aus Rumänien geflüchtet, einen weiteren Denkanstoß. "Für das Stück habe ich aus Rohren eine Flucht- und Seelenlandschaft auf die Bühne gebaut, eine zerstörte Welt voller Aggressivität. Wer geflüchtet ist, wird immer ein Trauma behalten. Der endgültige Verlust der Heimat hinterlässt eine Zerrissenheit", kommt bei Tuturuga ein Stück der eigenen Lebensgeschichte zum Vorschein.