1. Kultur

Nachruf auf Sabina Bartholomä: Ein großes Herz für die Kultur

Nachruf auf Sabina Bartholomä : Ein großes Herz für die Kultur

Wuppertaler Rundschau und Wuppertaler Kultur – das ist und war immer eine ganz enge Verbindung. Die Grundlage dafür hat unsere langjährige Redakteurin Sabina Bartholomä gelegt. Sie ist jetzt im Alter von 67 Jahren gestorben.

Zunächst insbesondere der unterschätzten freien Szene zugetan, erwarb sie sich schon bald auf der „klassischen“ Kulturschiene Respekt und Anerkennung. Wobei das Tanztheater über Jahrzehnte im Mittelpunkt ihres Interesses stand. Ohne ein spezielle Vorbildung entwickelte sie von Anfang an ein subtiles Gespür für die großartigen Bilder und Geschichten, die Pina Bausch und ihr Tanztheater auf die Bühne zauberten, wusste sie auch dem Leser nahe zu bringen. Parallel entstanden dazu intensive persönliche Beziehungen zu Compagnie-Mitgliedern.

„Es war eine Freundschaft, die einfach da war, unauffällig, aber verlässlich“, erinnert sich Dominique Mercy, „sie war ein überaus großzügiger Mensch.“ Oft spielte sie beispielsweise den „Babysitter“ für Thusnelda, die gemeinsame Tochter von Mercy und Malou Airaudo. „Mit ihr habe ich damals reiten gelernt, auf einem Pferd, das sie vor dem Schlachthof gerettet hatte“, sagt die heute selbst als Tänzerin und Choreografin arbeitende Thusnelda Mercy, die noch gut weiß, wem sie ihre Eintrittskarte für ihr erstes „Take-That“-Konzert zu verdanken hatte. „Sie hatte ein großes Herz, war immer hilfsbereit, im gleichen Maße aber auch eine starke Persönlichkeit“, bestätigt Bausch-Tänzer Jean-Laurent Sasportes, wie sie ein Pferdefreund, dem sie einst sogar ein Fohlen schenkte.

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Bei aller Nähe zum Wuppertaler Tanztheater und zu Pina Bausch selbst wusste sie stets einen klaren Strich zu ihrer journalistischen Unabhängigkeit zu ziehen, dabei zugleich die Privatsphäre der Beteiligten zu berücksichtigen. Nie drangen Indiskretionen durch sie an die Öffentlichkeit. Wie eng die persönlichen Bande waren, zeigte sich auf der journalistischen Ebene ein einziges Mal – bei ihrem berührenden ganzseitigen Nachruf auf Pina Bausch im Jahr 2009.

„Theaterintendanten kamen und gingen, Sabina Bartholomä nahm sie alle kritisch unter die Lupe, und gewann (fast) immer ihre Anerkennung, oft hielten die Kontakte auch über das Wuppertaler Engagement hinaus“ – so schrieb ich vor einigen Jahren zu ihrer Verabschiedung in den Ruhestand. Wie zur Bestätigung dieser Aussage sind die Reaktionen ausgewählter Wegbegleiter aus dem Kulturbereich. „Kritisch, fair, kompetent“ – das sind Attribute, die dort immer wieder auftauchen und die belegen, in welchem Umfang Sabina Bartholomä wertgeschätzt wurde.

Nach dem Eintritt in den Ruhestand zog sie mit ihren geliebten drei Hunden nach Frankreich und erfüllte sich damit einen Lebenstraum. Bei einer ihren gelegentlichen Rückkehren nach Wuppertal starb sie dort überraschend kurz vor Weihnachten. Erst jetzt erfuhren Freunde, Bekannte und Kollegen, dass sie am 3. Februar auf dem lutherischen Friedhof Hochstraße beigesetzt wurde. Gerne hätten wir auf andere Weise von ihr Abschied genommen.

Gerd-Leo Kuck, Generalintendant der Wuppertaler Bühnen 2001 bis 2009: „Sabina Bartholomä mochte das Theater – Oper und Schauspiel –, aber sie liebte den Tanz, das Tanztheater Wuppertal. Seine Tänzerinnen und Tänzer und alle, die dazugehörten. Und sie verehrte und bewunderte Pina Bausch grenzenlos und zu Recht. Bartholomäs Stimme, ihre Kritiken und Kommentare, waren überall gegenwärtig, wo die Wuppertaler Rundschau auflag, also nahezu in jedem Haus in Wuppertal. Leider kann Sabina Bartholomä die Suche nach und den Start eines für eine sichere Existenz wirklich neuen Tanztheaters Wuppertal nicht mehr begleiten.“

Enno Schaarwächter, Geschäftsführer der Wuppertaler Bühnen 2001 bis 2018: „Sabina Bartholomä hat über Jahrzehnte die Wuppertaler Kulturszene begleitet. Sie kannte sich zutiefst aus und hatte ein profundes Wissen über die Kunst. Wenn es notwendig und wichtig war, begleitete sie die Kunstschaffenden engagiert und kämpferisch. Sie war eine Institution. Ihr Können zeigte sie bei den über die vielen Jahre unzähligen, stets fundierten Kritiken in der Wuppertaler Rundschau. Ihre Liebe zur großen Kunst von Pina Bausch, zu ihr selbst und den Tänzerinnen und Tänzern bleibt unvergessen.“

Heinz Theordor Jüchter, Wuppertals Kulturdezernent 1980 bis 2000: „Sabina Bartholomä war jahrelang eine sympathisch-fröhliche ,Kulturbegleiterin‘, auch für den Kulturdezernenten, der gerne noch ein paar Tage auf ihren Kommentar wartete – erst und erst recht, wenn er sich über andere Kommentare geärgert hatte. Er konnte sicher sein, dass er bei ihr auf profunde Kenntnis von Stück und Inszenierung hoffen konnte. Von solchem Streit der Meinungen lebt die kulturelle Diskussion in einer Stadt wie Wuppertal. Bei ihr blieb immer der Respekt und sogar Stolz auf unsere Kulturangebote deutlich, zwischen kleinem Schauspiel und großem Tanzabend, zwischen Holk Freytag und Pina Bausch. Wir waren uns meistens einig.“

Günther Weißenborn, Müllers Marionettentheater: „Sabina Bartholomä war dem Marionettentheater eine interessierte Begleiterin, deren Kritiken wir stets mit Interesse und Erkenntnisgewinn gelesen haben. Sie hegte eine spezielle Leidenschaft zur Kunst von Pina Bausch, welche ihr manchmal eine geradezu wehmütige Aura verlieh.“

Matthias Nocke, Kulturdezernent der Stadt Wuppertal: „Sabina Bartholomä war eine engagierte, äußerst kompetente und stets gut informierte Journalistin, die hartnäckig und ausdauernd recherchierte und Mut zum eigenen Standpunkt hatte. Ihre große Liebe zum Tanztheater Pina Bausch und seiner Ästethik ging weit über die Freundschaft zu Pina und vielen Compagnie-Mitgliedern hinaus und verstellte ihr nie den Blick für konstruktive Kritik und vorurteilsfreie Berichterstattung. Ihre kenntnisreiche Begleitung der freien Szene und aller Kreativen hat Wuppertal gut getan, und die Liebe der Reiterin zum Wuppertaler Zoo war grenzenlos. Die Zusammenarbeit mit Sabina Bartholomä war manchmal anstrengend, aber stets fair. Bei ihrem Ausscheiden aus der Redaktion 2017 hat sie eine Lücke hinterlassen. Ich denke gerne an sie zurück.“

Holk Freytag, Intendant der Wuppertaler Bühnen 1988 bis 2001: „Im nicht immer geordneten Konzert der Wuppertaler Kulturkritik war sie der ruhende Pol, ich könnte auch sagen, die professionelle Instanz. Sie hat die ganzen dreizehn Jahre meiner Intendanz konstruktiv begleitet – ihre Kritik nahmen wir ernst, ihre Anregungen und Kommentare haben wir diskutiert. Ganz nebenbei und völlig unangestrengt entwickelte sich im Laufe der Zeit sogar eine Freundschaft, die nie die Grenze des objektiven Beobachtens überschritt – eine im Kulturgeschäft höchst seltene Konstellation. Ihr räselhafter plötzlicher Tod schockiert und hinterlässt ratlose Trauer. Von ganzem Herzen hätte ich ihr und ihren geliebten Hunden viele Jahre in ihrem Traumland Frankreich gegönnt.“