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Vor 45 Jahren brannte die Kirche am Kolk Wuppertal

Aus dem Tagebuch der Redaktion : Vor 45 Jahren: Kirchenbrand am Kolk

Angesichts von Notre Dame habe ich mich erinnert. An die Nacht auf den 14. März 1974. Damals war ich elf Jahre alt. In der Nacht ist die Alte lutherische Kirche am Kolk, die von 1752 stammt, abgebrannt.

Wir wohnten in der Poststraße – und vom Schlafzimmer meiner Eltern konnte man (und kann es noch heute) die Turmhaube der nur wenige Meter entfernten Kirche sehen. In jener Nacht wachte ich von einem gleißend roten Lichtschein auf, der durch meine Kinderzimmervorhänge fiel. Schlaftrunken, wie ich war, dachte ich, es kann doch gar nicht schon wieder Silvester sein …

In der Wohnung und im ganzen Haus – alles in heller Aufregung. Die ganze Kirche brannte. Meine Mutter und wir drei Geschwister standen am Elternschlafzimmerfenster: Die Turmhaube ein Flammenmeer, die Verschalung längst nicht mehr vorhanden. Das bloßgelegte Holzgerippe stand noch, das Holz war erst noch dunkel, dann wurde es glühend rot – kurz darauf brach alles in sich zusammen.

Der Himmel ganz und gar erfüllt von Funken und Rauch. An Geräusche erinnere ich mich nicht. Was da Schreckliches geschah, habe ich nicht wirklich verstanden. Mein Vater und der Mann aus der Wohnung über uns waren längst schon auf dem Flachdach, um zu verhindern, dass Funkenflug auch unser Haus in Brand setzt. Am folgenden Abend, so erinnere ich mich, kam Wuppertal zum ersten Mal in meinem Leben in der „Tagesschau“ vor. Denn die Kirche war vollständig abgebrannt.

 Kichturm der Kirche am Kolk
Kichturm der Kirche am Kolk Foto: Rundschau
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Noch nicht einmal ein Jahr, nachdem sie beim Explosionsunglück im Keller von Juwelier Abeler im August 1973, bei dem auch Karl Abeler ums Leben kam, sehr schwer beschädigt und ihre Restaurierung beinahe wieder abgeschlossen worden war. Das Ganze war Brandstiftung – ein Täter ist nie ermittelt worden.

Man hat die Kolk-Kirche nochmals neu aufgebaut – ich gehörte zu den ersten, die dann im neuen, alten Kolk konfirmiert wurden. Für meine Familie war das immer „unsere“ Kirche. Möge ihre Turmsanierung, die seit einiger Zeit läuft, und ihren Anblick leider sehr stört, bezahlbar und bald abgeschlossen sein!

Apropos Anblick. Zum Thema „Erinnerung“ gehört auch die komplette Gesichtsveränderung, der Elberfeld 2013/2014 nur haarscharf entkommen ist. Bei der seinerzeit hoch gehandelten Erweiterung der City-Arkaden wäre der ganze Platz am Kolk und noch viel mehr von einem 16.000-Quadratmeter-Klotz „gefressen“ worden. Der hätte sich dann nur etwa 50 Meter von der Fassade der Kolk-Kirche entfernt mächtig hoch erhoben – und die für das Bild der Elberfelder City so wichtige Kirche an den Rand einer gesichtslosen Straßenschlucht gedrängt. Schreckliche Vorstellung.

Es gab viel Widerstand dagegen. Aber die GroKo aus SPD und CDU mit Peter Jung an der Stadtspitze hätte das durchgezogen. In den Ausschüssen war ich live dabei.

Erspart geblieben ist uns diese City-Katastrophe nur deshalb, weil Primark, wegen denen die riesige City-Arkaden-Erweiterung nötig gewesen wäre, absprang – und Appetit auf den neuen Döppersberg bekommen hat. Wer sich über den heutigen Primark-Kubus aufregt, sollte wissen, was die grausame Alternative dazu gewesen wäre.

Die alte Kirche am Kolk jedenfalls schaut heute still auf den Platz am Kolk. Und wenn Elberfeld Glück hat, gehört der als Bürgerpark eines Tages doch dem Volk.