Ev. Gemeinde Gemarke-Wupperfeld Martina Köster-Schneider: Pfarrerin des Um- und Aufbruchs

Wuppertal · Über zehn Jahre war Martina Köster-Schneider Pfarrerin in Gemarke-Wupperfeld – einer Gemeinde mit historischer Bedeutung und im steten Umbruch. Jetzt geht sie in den Ruhestand und wird am Sonntag (15. Juni 2025) um 12 Uhr im Gottesdienst in der Gemarker Kirche (Zwinglistraße 5) von Superintendentin Ilka Federschmidt verabschiedet.

Pfarrerin Martina Köster-Schneider.

Foto: Thorsten Levin

Sie sind aus Solingen nach Gemarke-Wupperfeld gewechselt. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit?

Köster-Schneider: „Da kommt mir vor allem ein Bild in den Sinn: Eine lange Tafel mit lauter Menschen unter 30 Jahren, die mich im Hatzfelder Gemeindezentrum begrüßten mit einem gemeinsamen Raclette-Essen. Das junge Team hat mich bei allen Traurigkeiten über den Abschied vom Hatzfelder Gemeindehaus, der damals anstand, sowie der Kirche ganz offen, freundlich und engagiert empfangen.

Das gab mir Kraft und Mut im Dschungel der Verletzungen und untergründigen Geschichten innerhalb der Gemeinde als Pfarrerin Fuß zu fassen. Im Mai 2017 feierten wir die letzte Konfirmation in der Hatzfelder Kirche. Mit dem Umzug nach Gemarke einen Monat später begann der schwere Teil des Umbruchs.“

Die Gemarker Kirche ist bekannt für ihr politisches Engagement und versteht sich als „Rassismus-sensible“ Kirche. Wie zeigt sich das?

Köster-Schneider: „Unplanbar begann ein neuer Aufbruch in der Gemarker Kirche mit den fünf geflüchteten Menschen aus dem Iran. Wir hörten ihre Geschichten und von ihrem Mut. Mit ihnen feierten wir Gottesdienste sowie als politisches Abendgebet im Zeichen der Solidarität mit der Kurdin Jina Masha Amini.

Wir standen auf den Treppenstufen im Mai 2020 für den in den USA von Polizisten ermordeten Georg Floyd und mahnten mit dem Hilferuf ,I can’t breathe‘ auch die rassistische Gewalt bei uns an. Der Weg eine Rassisimus-sensible Gemeinde zu werden, begann also bewusst.“

Was wurde neu in Gemarke?

Köster-Schneider: „Erstmal ist da einiges weggeschwommen bei der Überflutung 2018 der Barmer Innenstadt. Neue Pläne wurde erstellt für die An- und Umbauten am Gemeindehaus. Bei der Fertigstellung des Kirchplatzes vor dem Café Komma kamen drei Zaungäste vom Künstler Georg Janthur hinzu, die zwischen dem alten Markt, der Bushaltestelle und dem Café Komma auf der Schwelle stehen. Dazwischen kam Corona. Mit den ,Drei Minuten vom Küchentisch‘, mit einem Abendgottesdienst online und Konfi-Zeit im Zoom erreichten uns neue Wege, Gottes Geschichte zu feiern aus kirchlichen Mauern hinaus.“

Wie schauen Sie zurück auf diese Jahre?

Köster-Schneider: „Tatsächlich dankbar, was mich selbst etwas erstaunt. So viel war zwischenzeitlich da und weg, überschwemmt und trockengelegt, rappelvoll und immer leerer. Immer Abbruch und Aufbruch.

Die Teams, sei es das Team der jungen Gemeinde, sei es das Konifteam oder das Frauenteam Zwischenzeit, haben kreativ, einnehmend und eigenwillig vieles erdacht, entfacht, gemacht. Ich danke allen, die mich mitgenommen haben und sich begeistern ließen. Ich danke auch den vielen Menschen, die ich zu Trauung, Taufe und Beerdigung kennenlernen durfte.“

Fast 40 Jahre waren Sie insgesamt Pfarrerin, also eine lange Zeit lag auch vor Gemarke-Wupperfeld.

Köster-Schneider: „Ich habe als Vikarin in Duisburg und dann lange als Pfarrerin in Solingen gearbeitet. Ich war verliebt und vernarrt und begeistert mit Kindern, Jugendlichen und Neugierigen unterwegs. Wir, mein Mann und ich, haben uns 28 Jahre lang eine Stelle geteilt und wollten die Kirche erobern, mit neuen Klängen, Farben und Worten füllen. Die Kirchentage waren für mich immer ganz starke Impulsgeber.

Als die Zeit kam, dass die Kirchengemeinden sich personell und gebäudemäßig verschlanken mussten, war für mich der Zeitpunkt gekommen zu wechseln. Ich kam nach Wuppertal-Gemarke. Ich wollte mich nicht nochmal so – in die Arbeit – verlieben, aber ganz ohne geht es nicht, das merke ich beim Abschied.“

Was wünschen Sie der Gemeinde?

Köster-Schneider: „Dass sie ihre Leidenschaft nicht aufgibt, ihre Schönheiten nicht verliert und dass sie von der Sehnsucht singt, ob mit Psalmen oder modernen Songs. Die Gabe, zu korrigieren und alles neu anzufangen.“