Refugee Voice TV Wie funktioniert Deutschland?

Wuppertal · "Wir erklären Deutschland"— ein Nachrichtenformat für Flüchtlinge, das würde Delchad Heji mit seinem Projekt Refugees Voice TV gerne umsetzen.

 Delchad Heji lebt seit zwei Jahren in Wuppertal und hat hier einiges vor.

Delchad Heji lebt seit zwei Jahren in Wuppertal und hat hier einiges vor.

Foto: Foto: Redaktion

"Wieso soll ich auf andere warten? Ich kann es doch einfach selbst machen", beschreibt Delchad Heji den Moment, als er entschied, seinen Traum selbst in die Hand zu nehmen. Sein Traum ist es, Nachrichten zu machen, in Form von Videos, und am liebsten fürs Fernsehen. Er möchte Reportagen drehen und Menschen und ihre Geschichten porträtieren. Dazu gründete er das Medienprojekt Refugee Voice TV, erst allein, mittlerweile mit fünf weiteren Mitstreitern.

Delchad Heji ist 26 Jahre alt und kommt aus Syrien, aus Damaskus. Am 20. Januar 2016 kam er nach Deutschland. "Das ist jetzt genau zwei Jahre her", sagt er. In den zwei Jahren hat sich viel getan. In Damaskus hatte Delchad Medien studiert. Als die Studenten gegen das Regime protestieren, landete er kurzzeitig im Gefängnis. Nach seiner Entlassung flüchtete er in den Irak. Drei Jahre arbeitete er dort bei einem Fernseh-und Radiosender als Reporter. Als ihm die Situation im Irak zu brenzlig wurde, ging er nach Deutschland, nach Wuppertal. Auch hier wollte er weiter als Reporter arbeiten und ergatterte einen Praktikumsplatz bei Radio Wuppertal.

"Als ich dort anfing, konnte ich kaum Deutsch und habe in den Meetings fast nichts verstanden", gesteht Delchad, der mittlerweile sehr gut Deutsch spricht. Trotzdem war sein Praktikum beim Radio erfolgreich. "Ich habe die Sendung Refugee FM mitentwickelt, die regelmäßig auf Deutsch, Englisch und Arabisch ausgestrahlt wurde. Das waren immer Nachrichten und zwei Reportagen, und wir haben sogar den NRW-Hörfunkpreis bekommen", erzählt er stolz.

Obwohl Delchad Heji die Arbeit beim Radio Spaß gemacht hat, lässt ihn sein Traum nicht los: Er möchte Videos machen. Diese Idee von einem Video-Format für Flüchtlinge stellte er beim Jobcenter und bei der Initiative für Demokratie und Toleranz vor — und bekam direkt Rückenwind. "Ich habe einen Raum zugewiesen bekommen und den Zugang zu Material vom Medienzentrum, also Kameras und weiteres Equipment". Anfangs stand er allein da mit seinem Vorhaben, mittlerweile ist sein Team gewachsen. Sechs Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak haben gemeinsam das Programm "Profiles" entwickelt, in dem sie Interviews mit Flüchtlingen und Migranten führen, die sich in Deutschland etwas aufgebaut und erfolgreich integriert haben.

Einige von Delchad Hejis Mitstreitern haben wie er selbst bereits in ihren Heimatländern in der Medienbranche gearbeitet, andere kommen durch das Projekt zum ersten Mal in Berührung mit Nachrichten und Fernsehen. "Es gibt viele Flüchtlinge, die haben Talent, finden aber in der Medienbranche hier einfach keinen Platz", weiß Delchad aus eigener Erfahrung.

Deshalb möchte er ihnen einen Platz geben — und Ideen für neue Formate hat er allemal. "Ich würde gerne eine Serie an Reportagen machen, die darüber aufklären, wie es beim Jobcenter abläuft, wie man in Deutschland eine Arbeit findet oder hier studieren kann", berichtet er. "Wir erklären Deutschland" ist bisher nur eine Idee, aber Delchad wird alles daran setzen, sie in die Tat umzusetzen. Mit seinen Sendungen auf Arabisch, Kurdisch und Deutsch erhofft er sich nicht nur Flüchtlinge anzusprechen, sondern auch den Menschen in Deutschland zu zeigen, dass hinter dem Wort "Flüchtlinge" Menschen mit spannenden Lebensgeschichten stecken. "Dann wird es auch irgendwann einfacher, sich zu integrieren."

Sein größtes Problem bisher ist die Zeit. "Wir alle haben Jobs oder müssen in die Schule. Für Refugee Voice TV bleibt nur danach Zeit." Auf Kickstarter hat Delchad Heji eine Kampagne gestartet, um Geld für eigene Materialien zu sammeln, das ist der erste Schritt. "Und irgendwann", sagt er, "werden wir vielleicht davon leben können. Das ist schwer, aber nicht unmöglich."

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