"Trauer ist ein gesundes Gefühl"

Hilla Fleiter hilft Menschen dabei, mit Verlust und Trennung umzugehen. Sie ist Trauerbegleiterin.

 Die Trauerbegleitung ist Teil der städtischen Familienberatung. Man kann Hilla Fleiter unter Telefon 563—4080 erreichen.

Die Trauerbegleitung ist Teil der städtischen Familienberatung. Man kann Hilla Fleiter unter Telefon 563—4080 erreichen.

Foto: Bettia Osswald

Trauerbegleiterin. Das ist ein Beruf, zu dem man nicht "einfach so" kommt. Nicht selten sind es persönliche Schicksalsschläge, die Menschen in diese Richtung treiben. So auch bei Hilla Fleiter. "Es war eine Berufung, und der Weg bis hierher hat sich mit den Jahren immer deutlicher gezeigt und manifestiert", sagt die 58-Jährige. Seit zwei Jahren arbeitet die Sozialpädagogin als Trauerbegleiterin im Rahmen der städtischen Familienberatungsstelle.

Ihre Aufgabe? "Ich helfe Kindern, Jugendlichen und ihren Familien überall dort, wo sie Trennung und Verlust erfahren haben", sagt Hilla Fleiter. Dabei sei es unwichtig, ob das Gefühl des Verlustes durch Tod oder andere Abschiede hervorgerufen wurde. Entscheidend sei eines: "Trauer ist ein gesundes Gefühl", macht Hilla Fleiter klar, "man darf sie nur nicht unterdrücken."

Doch Trauer ist in unserer Gesellschaft nicht gerne gesehen. Sie hat keinen Platz im geschäftigen Alltag. Und sie fordert von den Mitmenschen Mut. Vor allem im Umgang mit Kindern sei jedoch ein offensiver Umgang enorm wichtig: "Man sollte Kindern möglichst früh die Tatsache der Endlichkeit nahebringen", sagt die positive Frau. "Vor allem aber darf man sie nicht im Ausleben der Trauer behindern."

Hilla Fleiter erzählt von einem Jungen, der in der Schule immer ruhiger und trauriger wurde. Die Lehrerin bat sie um Hilfe. Im Gespräch wurde klar, dass die Mutter des Jungen ihren todkranken Vater in die Wohnung geholt hatte, um ihn zu pflegen. Die Tür zu seinem Zimmer jedoch hielt sie für ihren Sohn stets verschlossen — aus Angst, der Anblick des dem Tode nahen, geliebten Großvaters könnte ihm Angst machen. "Mit der besten Absicht hat sie jedoch genau das Falsche getan", so die geschulte Sozialpädagogin. Denn der Junge malte sich schreckliche Dinge aus, das verschlossene Zimmer machte ihm Angst. Sobald die Mutter die Tür öffnete und den Sohn zu seinem Opa ließ, konnte die Trauer sich ihren Weg suchen — und zu heilen beginnen.

"Wer seine Trauer ausleben und individuell zeigen darf, der hat die Chance auf Heilung", sagt die Frau, die mit Empathie und Fingerspitzengefühl kreative Lösungen sucht, die genau das ermöglichen. Und die gute Nachricht: "Man kann lernen, mit Verlust umzugehen."

(Rundschau Verlagsgesellschaft)
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