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Prozess in Wuppertal: "Sharia Police" steht jetzt vor Gericht

Prozess in Wuppertal : "Sharia Police" steht jetzt vor Gericht

Den sieben Angeklagten wirft die Staatsanwaltschaft einen uniformierten Umzug in der Elberfelder City vor. Dabei hielt laut Zeugen ursprünglich nicht mal der Staatsschutz die Aktion für strafbar. Internationale Medien beobachten das Verfahren.

Vor dem Landgericht hat diese Woche der Prozess gegen die so genannte Scharia-Polizei begonnen. Die 25 bis 34 Jahre alten Männer waren am Abend des 3. September 2014 an der Neumarktstraße von einer Funkstreife kontrolliert worden. Sechs von ihnen sollen Warnwesten getragen haben, teils mit der Aufschrift "Sharia Police". Redeführer war wohl der bundesweit bekannte Sven Lau, der zur "salafistischen Szene" gerechnet wird. Weitere Unterstützer begleiteten den Zug.

Den Ermittlungen zufolge zeigte sich die Gruppe "auffällig, aber kooperativ". Das erklärte Ziel: "Leute in die Moschee einladen." Nein, man wisse, dass man keine Ordnungsmacht sei.

Schließlich ließen die Beamten die Gruppe weiter gehen. Sie hatten sich mit ihrer Leitstelle beraten und mit dem diensthabenden Beamten vom Staatsschutz. Nicht einmal die Westen wurden eingesammelt, obwohl diese doch die Kontrolle ausgelöst hatten.

Ein früherer Sachbearbeiter aus dem Präsidium erklärte im Zeugenstand: "Die Einschätzung war: Keine Straftat erkennbar." Es wurde ein schlichter "Beobachtungs- und Feststellungsvermerk" geschrieben.

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Anwalt Klaus Sewald verdeutlichte: Hätte die Gruppe nicht selbst ein Video ihres Rundgangs ins Internet gestellt, dann hätte sich niemand mehr an sie erinnert. So aber gab es internationales Medienecho und politische Reaktionen bis zu Innenminister Ralf Jäger und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der Zeuge: "Es war Dampf in der Hütte. Es gab eine Abstimmung zwischen Staatsanwaltschaft und Polizeipräsidium. Das Ergebnis war, dass ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz angenommen werden sollte." Den Vermerk der Streifenpolizisten habe man deshalb zur Strafanzeige "umgepfriemelt." Die Anklage geht nun davon aus, dass der gemeinsame Wille der Angeklagten die Einführung des islamischen Rechts, der Scharia, gewesen sein. Also die Beseitigung des Rechtsstaats.

Die Männer (25 bis 34 Jahre alt) schweigen zum Vorwurf. Sie sind teils Familienväter, teils Facharbeiter oder Angestellte, teils arbeitslos. Bei der Polizei soll einer von ihnen gesagt haben: Er glaube im Nachhinein, dass der Auftritt "zu schrill" war. Sven Lau wird in einem anderen Prozess wegen Terrorismusvorwürfen verfolgt. Die Warnwesten sollen inzwischen von Unbekannten per Internet versteigert worden sein, wohl als eine Art Trophäe.

Das Gericht vernimmt Zeugen, um das Geschehen aufzuklären. Dieselbe Strafkammer hatte im vergangenen Dezember die Anklage zunächst nicht zugelassen, weil eine Verurteilung unwahrscheinlich sei. Die Westen würden doch weniger an eine Ordnungstruppe als an die Müllabfuhr erinnern ...