Rundschau-Interview Metal-Legende Dirkschneider zurück im Tal

Wuppertal · Als Gründungsmitglied von ACCEPT wurde er weltberühmt, mit seiner Band U.D.O. ging es erfolgreich weiter. Heavy-Metal-Musiker Udo Dirkschneider feierte kürzlich seinen 70. Geburtstag. Kein bisschen leiser, dafür jetzt aber lokaler: Nach 13 Jahren auf Ibiza zog der gebürtige Wuppertaler in seine Heimat zurück. Mit im Gepäck ein neues Album. Rundschau-Redakteurin Milka Vidovic traf ihn zum Gespräch.

  Udo Dirkschneider.

Udo Dirkschneider.

Foto: Eddi Bachmann

Rundschau: Herr Dirkschneider, warum sind Sie in Ihre Heimatstadt zurückgekehrt?

Dirkschneider: „Bah, nee! Nicht siezen. Das machen wir in meinem Business nicht. Sag‘ mal Du! Also, mein Bruder und meine Schwester wohnen hier. Meine Kinder sind auch nicht weit weg. So bin ich näher an der Familie. Auch arbeitstechnisch erleichtert mir das Wohnen hier vieles, denn das Produktionsstudio ist in Solingen. Die Reiserei war während der letzten zwei Jahre Corona-bedingt sehr aufwändig. Das sind die Gründe.“

Rundschau: Am 22. April erscheint Dein neues Album „My Way“. Zu hören bekommen wir von Dir 17 Cover-Songs – unter anderem von Queen, Dio oder auch Led Zeppelin. Sind das Lieder, die Dich inspirieren?

Dirkschneider: „Das fragen mich alle. Nee Kinders, die haben mich nicht unbedingt musikalisch inspiriert. Ich höre die einfach gerne und wollte die mal covern. Wichtig war dabei für mich, dass sich in den Songs mein Charakter widerspiegelt. Mit meiner Simme ist das eigentlich sowieso schon gegeben, aber wir haben die Lieder auch anders arrangiert, härter gemacht.“

Rundschau: Du coverst auch Wolfheims „Kein Zurück“ und singst damit zum ersten Mal in Deiner Karriere in deutscher Sprache. Wie war das für Dich?

Dirkschneider: „Das war gar nicht so einfach. Die Phonetik ist ganz anders, auf Englisch singen fällt mir leichter. Aber der Text des Songs war für mich ausschlaggebend, ich wollte ihn unbedingt singen. Ich fühle mich von den Worten verstanden. Sie passen zu meiner Karriere, erzählen von Hochs und Tiefs, von all den guten und schlechten Erfahrungen, die man so macht. Wer das Musikerleben wählt, für den gibt es einfach ‚kein Zurück‘ mehr.“

Rundschau: „My Way“ von Frank Sinatra haben wir auch auf dem Album entdeckt. Wie passt das mit Deiner Reibeisenstimme zusammen?

Dirkschneider: „Wir haben den Song neu gemischt und den Sound etwas verändert. Ich wollte ihn schon mal auf einem Album haben, das klappte aber nicht, weil wir vom Publisher keine Freigabe bekamen. Diesmal hat es funktioniert. Jetzt ist er der letzte Song auf dem neuen Album. Mir ist es wichtig, auch Neues auszuprobieren. Passt doch.“

Rundschau: Gehst Du mit dem neuen Album auf Tour?

Dirkschneider: „Nein. Wir werden mit U.D.O. auf Tour gehen, und bestimmt spielen wir auch ein oder zwei Songs aus dem Album, aber das gehört nicht fest zum Programm.“

Rundschau: Südamerika, USA, Kanada, Japan und viele Städte in Europa stehen auf dem Tourplan. Wir vermissen aber Wuppertal.

Dirkschneider: „Ich würde schon gerne hier ein Konzert geben. Am liebsten im LCB. Mal sehen, vielleicht bekommen wir das noch irgendwie unter. Russland haben wir wegen der aktuellen Situation abgesagt. Schade, ich habe dort sehr viele Fans. Die können ja nichts dafür. Nee, aber da kann ich zurzeit keine Tour machen.“

 Das neue Album von Udo Dirkschneider erscheint am 22. April 2022.

Das neue Album von Udo Dirkschneider erscheint am 22. April 2022.

Foto: Albumcover "My Way"

Rundschau: Wie hältst Du Dich fit? Deine Stimme baut mit dem Alter gar nicht ab?

Dirkschneider: „Ich habe einfach Glück. Da gibt es viele Kollegen, die schaffen in dem Alter keine drei Shows mehr hintereinander. Ich wärme mich nicht mal auf vor Konzerten. Bisschen Sport könnte ich vielleicht mal machen, so fünf Kilo abspecken. Ich habe ja einen Bauch, aber mit 70 kann man sich den ruhig mal leisten. Ich muss auch nicht mehr Adonis-mäßig aussehen, ist bei meiner Art von Musik auch nicht nötig. Ich bin ja keine Teenie-Band. Ich wohne in der Nähe der Trasse, dort gehe ich ab und zu spazieren. Das reicht.“

Rundschau: Wie bist Du eigentlich zum Heavy Metal gekommen?

Dirkschneider: „Bei meinen Eltern war Rock‘n‘Roll angesagt. Bill Haley und Elvis Presley liefen bei uns zu Hause immer. Irgendwann stieß ich als Kind auf die Beatles, dann kamen die Rolling Stones. Ein Kumpel und ich fingen an selbst Musik zu machen. Wir gründeten praktisch ACCEPT. Ich habe nie daran gedacht beruflich Musik zu machen. Wir hatten kleinere Auftritte in Wuppertal, im Haus der Jugend zu Beispiel. Aber irgendwie hat sich das alles sehr gut entwickelt und ab 1980 musst ich mich dann entscheiden: Werde ich Berufsmusiker oder steige ich in die Werkzeugfabrik meiner Eltern in Cronenberg ein? Ich habe mich für den Wahnsinn entschieden. War eine gute Entscheidung. Ach du liebe Güte! Ich mache ja seit 1968 schon Musik.“

Rundschau: Dein Sohn spielt Schlagzeug in Deiner Band? Wie es dazu kam, ist kurios.

Dirkschneider: „Allerdings. „Saxon‘ spielte ein Konzert in Berlin. Mein Sohn half bei ihnen an den Drums aus, ihr Schlagzeuger erkrankt war. Ich war zufällig in der Nähe und schaute beim Soundcheck vorbei. Da kam ich mit dem Sänger Biff, wir sind befreundet, ins Gespräch. Ich erzählte ihm, dass ich einen Schlagzeuger suche und dass dies nicht einfach sei. Da sagte er: ,Wieso das denn? Einfacher geht‘s nicht! Der sitzt doch bei mir an den Drums.‘ Und zeigte auf meinen Sohn. Seitdem ist er bei uns. Da kam ich von selbst nicht drauf.“

Rundschau: Deine Band-Kollegen sind deutlich jünger als Du. Der Älteste ist gerade einmal 36 Jahre alt.

Dirkschneider: „Ja, sie könnten alle meine Söhne sein. Viele fragen, warum ich mich mit so jungen Leute umgebe und nicht mit gestandenen Musikern. Das sind sie aber, auch wenn sie jung sind. Zudem sind sie frischer, die sind eine andere Generation, bringen neue Einflüsse. Das ist doch toll.“

Rundschau: Du hattest am 6. April Geburtstag. Hast Du Deinen 70. mit allerhand Heavy-Metal-Klischees gefeiert?

Dirkschneider: „Nee. Ich habe gemütlich mit Familie und Band gefeiert. Früher habe ich das anders gemacht, aber in dem gesetzten Alter muss ich das nicht mehr haben. Gemütlich einen leckeren Wein trinken, das reicht.“

Rundschau: Apropos gemütlich: Wann gehst Du in Rente?

Dirkschneider: „Das ist nichts für mich. Ich bin froh, dass wir bald auf Tour gehen. In den letzten zwei Jahren haben wir nur vier Konzerte spielen können. Zuhause rumsitzen macht mich nervös, das ist echt nicht meine Welt. Corona fühlte sich an wie Rente, da dachte ich: ‚Ach, so ist der Ruhestand‘. Nee, das bin ich einfach nicht. Solange meine Stimme funktioniert und es gesundheitlich geht, mache ich weiter. Warum soll ich denn aufhören und zu Hause nur noch Monopoly spielen oder so?“

Rundschau: Wo kann man Dich in Wuppertal zufällig treffen?

Dirkschneider: „Auf der Luisenstraße. Da bin ich gerne. Da kann man super Essen gehen.“

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