Diskussion in Sonnborn Die Kirche und das liebe Geld

Wuppertal · Arme Kirchenmaus oder volle Geldspeicher? Was macht die Kirche mit ihrem Geld? Ulrich T. Christenn vom Zentrum Drittmittel und Fundraising der Diakonie RWL ist am Montag (15. August 2022) im Sonnborner „Kreuz-und-quer-Gespräch" zu Gast, das um 19:30 Uhr im Ev. Gemeindezentrum an der Kirchstraße 20 beginnt. Erste Antworten gibt er im Interview.

 Ulrich T. Christenn ist Pfarrer und lebt in Wuppertal. Er leitet das Zentrum Drittmittel und Fundraising der Diakonie RWL.

Ulrich T. Christenn ist Pfarrer und lebt in Wuppertal. Er leitet das Zentrum Drittmittel und Fundraising der Diakonie RWL.

Foto: Diakonie RWL

Über die Kirche und ihr Geld wird viel diskutiert – und das oft mit mehr Emotion als Fachkenntnis. Einerseits ist von Milliardensummen die Rede, andererseits von finanziellen Engpässen. Was stimmt?

Christenn: „Das lässt sich leider nicht so einfach beantworten. Die Finanzstrukturen sind sehr komplex und oft kaum zu durchschauen. Für die Vorbereitung auf das „Kreuz-und-quer-Gespräch“ habe ich mir Finanzberichte angesehen und werde einige auch vorstellen. Doch man muss tief eintauchen in die Materie, denn es gibt da widersprüchliche Zahlen. Das hat auch damit zu tun, dass wir einfach von ,Kirche‘ reden und dabei erstmal klären müssen, wer das eigentlich ist. Reden wir von Kirchengemeinden, Kirchenkreisen, diakonischen Werken und Stiftungen oder Krankenhäusern?“

Gibt es denn einen Überblick, was die evangelische Kirche in Deutschland insgesamt jährlich einnimmt?

Christenn: „Für die Landeskirchen legt die EKD jährlich einen Finanzbericht vor. Danach nahm sie im letzten Jahr 12,3 Milliarden Euro ein. Etwa 46 Prozent davon sind Kirchensteuermittel. Hinzu kommen staatliche Fördermittel, die 26 Prozent ausmachen. Unter zehn Prozent sind Einnahmen aus Vermögen z.B. von Immobilien oder Spenden. Dem stehen allerdings auch hohe Ausgaben für Personal, Verwaltung, Gebäude, Friedhöfe oder Bildung gegenüber. Für die Kitas etwa muss die Kirche in Bundesländern wie NRW einen höheren Eigenanteil aufbringen als andere Träger. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass Kirche und Diakonie der zweitgrößte Arbeitgeber Deutschlands sind.“

Insgesamt fließt in die soziale Arbeit aber weniger Kirchensteuer als oftmals angenommen. Für Kritiker ist das ein Argument für die Abschaffung der Steuer.

Christenn: „Es stimmt, dass die Diakonie – wie alle anderen Wohlfahrtseinrichtungen - vor allem aus den Sozialkassen finanziert wird. Ich veranschauliche das immer gerne mit dem Bild der drei Säulen, die das Dach der Diakonie tragen. Die Sozialkassen bilden die dickste Säule, daneben stehen die kirchlichen Gelder und Spenden. Wenn wir eine der beiden dünnen Säulen wegnehmen, kippt das ganze Dach, und die Menschen finden darunter keinen Schutz mehr. Die Kirchensteuer ist ein kleiner, aber wichtiger Teil sozialer Arbeit, die ergänzt wird durch Spenden.

Und diese Spenden kommen überproportional von Kirchenmitgliedern, von der Kerngemeinde. Rund 22 Prozent der deutschen Bevölkerung besuchen zumindest gelegentlich einen Gottesdienst. Sie stehen für 40 Prozent der gesamten Spendeneinnahmen in Deutschland. Das finde ich beeindruckend.“

Gibt die Kirche ihr Geld an den richtigen Stellen aus?

Christenn: „Darüber möchte ich am 15. August gerne mit den Besucherinnen und Besucher des ,Kreuz-und-quer-Gesprächs‘ in die Diskussion kommen. Viel Geld fließt in die Pfarrstellen und die Finanzierung der pensionierten Pfarrerinnen und Pfarrer. Doch diese Stellen werden künftig weniger. An der zentralen Rolle der Theologen hängt aber auch die klassische Gemeindearbeit und damit das ehrenamtliche Engagement. Und das dürfen wir nicht unterschätzen.

Die katholische Kirche hat mal ausgerechnet, dass ihre Mitglieder jährlich etwa vier Millionen Stunden ehrenamtliche Arbeit leisten, und dies vor allem im Sozialbereich für den Staat eine Entlastung von rund elf Millionen Euro bedeute. Man sollte vorsichtig mit solchen Zahlenspielen umgehen, aber sie veranschaulichen zumindest, wie wichtig das kirchliche Ehrenamt für unsere Gesellschaft ist.“

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