Interview mit Unternehmens-Mediator Rainer Wolf-Schatz "Die Leute müssen wollen"

Wuppertal · Als Redakteurin Nina Bossy sich auf der Homepage von Mediator Rainer Wolf-Schatz vorbereitet, liest sie das Zitat "Damit es bergauf gehen kann, müssen nicht nur Radfahrer sicher durchs Tal". Wie passend, dass der Mediator, der seinen Schwerpunkt bei der Beratung von Unternehmen hat, tatsächlich mit Rad — und mit Helm auf dem Kopf — zum Treffen erscheint.

 Rainer Wolf-Schatz ist verheiratet und hat drei Kinder. Wendet er zu Hause auch Mediation an? „Nein“, erklärt er schmunzelnd. „Aber die Kinder schätzen, dass ich oft einen kühlen Kopf bewahre.“

Rainer Wolf-Schatz ist verheiratet und hat drei Kinder. Wendet er zu Hause auch Mediation an? „Nein“, erklärt er schmunzelnd. „Aber die Kinder schätzen, dass ich oft einen kühlen Kopf bewahre.“

Foto: Wuppertaler Rundschau / Max Höllwarth

Er scheint also ganz wortwörtlich bei seinen täglichen Wegen sicher durch unser Tal zu kommen. Wie hilft er anderen dabei?

Rundschau: Herr Wolf-Schatz, wir haben uns verabredet, um über Ihren Beruf mehr zu erfahren. Wie wird man Mediator?

Wolf-Schatz: Ein Mediator, so hat es der Bundestag beschlossen, hat mindestens 120 Stunden gelernt. Für die Zertifizierung musste ich zusätzlich vier Fälle ausführlich beschreiben. Zum Glück haben wir unseren Bundesverband, der die Qualität der Mediation in Deutschland sichert.

Rundschau: Die Wuppertaler kennen Sie in ganz anderer Funktion, als Fernseh-Journalist, bekannt als "Rainer der Fensterputzer". Wie kam es zum Sinneswandel?

Wolf-Schatz: Ich war immer der Typ Klassensprecher. Ich war ganz gut in der Schule und konnte gut vermitteln. Und dann wollte ich die Welt verbessern und dachte: Bei den Kindern fange ich an. Als ich Erzieher war, musste ich mir eingestehen, dass die Rechnung nicht so leicht aufgeht. Dann habe ich Theater gemacht, studiert, bin Journalist geworden. Vor zehn Jahren habe ich mich der Mediation gewidmet.

Rundschau: Wie funktioniert seriöse Mediation?

Wolf-Schatz: Es gibt ein klares Vorgehen aus fünf Schritten. Als erstes erarbeitet man Themen: Worum geht es den Beteiligten, warum haben sie mich geholt? Dann beleuchten wir die Sichtweisen, gehen über zur Konflikterhellung. Zum Schluss werden faire Kriterien, die alle gut finden, erarbeitet. Das Ganze mündet in einer Vereinbarung. Das große Erfolgsrezept der Mediation ist es, dass die Beziehung der Konfliktpartner erhalten bleibt. Anders als vor Gericht. Nach einer juristischen Entscheidung ist ganz schnell die Beziehung im Keller — auch die Gewinner werden dann zu Verlierern.

Rundschau: Das heißt, niemand hat Sorge, sein Gesicht zu verlieren.

Wolf-Schatz: Genau das ist es. Man kann auch sagen, ich verstehe dich, bin aber nicht einverstanden. Und einverstanden zu sein heißt noch lange nicht, zuzustimmen. Übrigens sind oft nicht die Menschen, sondern die Strukturen im Unternehmen Ursache des Konflikts. Zur Lösung eines Konfliktes in Unternehmen ist es oft ratsam, über den Tellerrand zu schauen, den Kuchen zu erweitern, zum Beispiel weist ein Streit oft auf personelle Engpässe oder schlecht angepasste Kommunikation an Schnittstellen hin.

Rundschau: Nicht alle Menschen ticken gleich. Welche Rolle spielen unterschiedliche Charaktere bei einer Mediation? Was ist, wenn ein Chef seine Hierarchie zu sehr auslebt?

Wolf-Schatz: Bei Hierarchien weicht das Verfahren etwas ab. Aber die Grundvoraussetzung ist, dass sich alle Teilnehmer mit einer Mediation einverstanden erklären. Jeder, der teilnimmt, möchte eine Lösung finden. Allein das versetzt doch Berge.

Rundschau: Was ist mit privaten Geschichten, die in den Beruf einspielen?

Wolf-Schatz: Im besten Fall erzählt der Kollege während des Verfahrens von seinen Problemen zu Hause. Das ist ganz positiv und führt zu Verständnis. Wenn wir wissen, dass eine Ehe in Brüchen liegt oder Angehörige gepflegt werden müssen, verzeihen wir auch Gereiztheit leichter.

Rundschau: Ein Riesenunternehmen ist unsere Stadtverwaltung. Könnte die einen Mediator vertragen?

Wolf-Schatz: Ich glaube, mediative Kompetenzen sind auch innerhalb von Unternehmen, der Verwaltung bis hin zur Kultur sehr hilfreich. Aber die Leute müssen aufrichtig wollen.

Rundschau: Auf Ihrer Homepage steht nicht nur, dass Sie gern Fahrrad fahren, sondern auch, dass sie großer Fußballfan sind. Was können wir in der Konfliktbewältigung von der Fankultur lernen?

Wolf-Schatz: Beim Fußball treffen Wirtschaftsunternehmen auf die ideologisch geprägte Leidenschaft der Fans. Da gibt's jede Menge Interessenkonflikte. Wie kann man die lösen? Indem man im Gespräch bleibt. Wie überall im Leben.

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