Zu selten an der „Ost-Flanke“?

Betr.: Donald Trump, Jürgen Hardt, Tagebuch der Redaktion — Rundschau vom 31. Mai

Die Rundschau gibt dem Wuppertaler CDU-Abgeordneten Hardt, transatlantischer Beauftragter und NATO-Lobbyist, auf der Titelseite (und zum zweiten Mal in kurzer Zeit) eine Bühne, geopolitische Statements zum G7-Gipfel und gegen Trump abzugeben. Umso journalistisch fragwürdiger halte ich dieses Vorgehen in einem regionalen Medium, wenn Stefan Seitz in der gleichen Ausgabe in der Nachlese zur NRW-Wahl feststellt, dass sich Bürger vor allem im Wuppertaler Osten abgehängt fühlen und daher die AfD wählen. Politiker sollten demnach dort reingehen, wo es weh tut und hier "nachfragen, diskutieren und was entwickeln". In Wuppertal gilt im Übrigen jedes dritte Kind als arm, die Armutsquote liegt mit 20 Prozent überdurchschnittlich hoch.

Statt Herrn Hardt eine prominente Plattform für die Forderung nach milliardenschwerer Aufrüstung — bis zu zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes — an der NATO-Ostflanke zu geben, hätte ich mir gewünscht, dass die Redaktion ihn, seine Parteikollegen und andere Abgeordnete aus aktuellem Anlass mal kritisch befragt, ob es nicht dringend geboten wäre, öfter persönlich in den "Krisengebieten" der wirtschaftlich und sozial abgehängten "Wupperaler Ost-Flanke" vorbeizuschauen.

Da Herr Hardt laut www.abgeordnetenwatch.de offenbar jährlich weiter zwischen 12.000 und 42.000 Euro bei Vorwerk nebenberuflich bezieht, wäre es sicher terminlich leicht einzurichten, nach einem Business-Meeting am Firmensitz in Barmen ein paar Straßen weiter dort bei den Menschen vorbeizuschauen. Vielleicht kommt er dann sogar zur Erkenntnis, dass die Steuermilliarden der Wuppertaler Bürger sinnvoller in die Entwicklung Wuppertaler Quartiere und die Förderung von Kindern als in deutsche Panzer investiert werden könnten.

Jörg Kiveris, Charlottenstraße

(Rundschau Verlagsgesellschaft)
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