Wie soll in Zukunft die Unterstützung für die Kultur-Szene funktionieren? Wieder alles in Ordnung? Nein!

Betr.: Livemusik im Wuppertaler Autokino

Eine Sache vorweg: Ich gönne jeder und jedem meiner KollegInnen hier im Tal die Gage für die Auftritte auf dem Carnaper Platz.

Und auch die Organisatoren dieser Konzerte möchte ich hiermit nicht verurteilen. Immerhin findet so ein Versuch statt, die Krisen-Situation für eine Handvoll MusikerInnen in dieser Stadt zu lindern.

Krisen-Situation für MusikerInnen? War da was? Hier zitiere ich aktuell gerne unsere Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die sinngemäß sagte, dass „…der Lockdown Mitte März für Kulturschaffende einem von der Bundesregierung angeordneten Berufsverbot gleichkam“.

Die Livebühnen des Landes sind nach aktueller Einschätzung vermutlich eine der letzten Maßnahmen, die „nach Corona“ wieder eingeführt werden können. Na klar – die Bilder von dicht gedrängten Zuschauern bei Rockkonzerten kommen uns gerade vor wie aus einer anderen Zeit.

Somit sind auch die Aussichten nach wie vor schlecht, mit Livemusik in naher Zukunft wieder Einnahmen zu generieren. Der Einnahmen-Rückgang verlief bei den meisten in dieser Branche nach Mitte März von 100 Prozent auf Null! Und die abgesagten Konzerte reichen schon jetzt bis zum Ende dieses Jahres. Mit welcher anderen Branche sind diese Einschnitte zu vergleichen? Lohnfortzahlung oder Kurzarbeitergeld für Musiker? Fehlanzeige!

Doch zurück zu den Autokino-Konzerten: Warum ich diese so zynisch finde? Weil sie den BürgernInnen in ihrer freudigen „Siehste, geht doch!“-Mentalität suggerieren, dass ja für die KünstlerInnen wieder alles in Ordnung ist. Bühne und Publikum – es ist ja alles da.

Am eigentlichen Problem, und an der viel wichtigeren Diskussion, die wir meiner Meinung dieser Tage führen müssen, geht diese Aktion daher meilenweit vorbei: KünstlerInnen haben leider keine wirkmächtige Lobby. Und schon „vor Corona“ befanden sich zahlreiche Kulturschaffende in prekären Lebensverhältnissen, die sich nun weiter verschärfen werden.

Wir sollten gerade jetzt Diskussionen darüber anregen, wie Kultur und Musik „nach Corona“ finanziert und wertgeschätzt werden kann. Wie können Bezahlmodelle für Musik und für MusikerInnen zukünftig aussehen? Wie kann eine Gesellschaft für dieses Thema sensibilisiert werden? Denn die Besucher unserer Konzerte sind unsere Lobby – eine andere haben wir leider nicht.

Das haben wir KünstlerInnen in den vergangenen Wochen schmerzlich erleben müssen. Solidarität erfahren wir aktuell nur untereinander – nicht seitens der Politik. Auf ein Zeichen von dort warten Kulturschaffende seit Mitte März, denn ihre sogenannte Soforthilfe-Maßnahmen greifen nicht.

Und so wandert der Wert von Kunst, Musik, Tanz und allen anderen künstlerischen Aktivitäten gerade gen Null – nämlich kostenfrei ins Internet.

Nun werden unsere ersten Auftritte also durch Auto-Hupen „beklatscht“. Dem Hupen eines Produkts einer Branche, die aktuell wieder mit Milliarden-Paketen gerettet und unterstützt wird.

Übrigens: Die Gelder für diese Rettungspakete stammen aus Steuereinnahmen, für die auch wir selbständigen Kulturschaffenden sorgen.

Björn Krüger (Musiker, Musikpädagoge und Vorstand des Vereins „Planet K - Kultur für alle“)

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