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Rundschau-Leserbrief zum Südostareal Utopiastadt Campus

Offener Brief : „Ein bedeutender Wert im und für das Quartier“

Betr.: Südostareal auf dem Utopiastadt Campus / Verbleib des Autonomen Zentrums

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Prof. Dr. Schneidewind,

das Forum:Mirke vom 15. Februar 2023 hat sich u.a. mit zwei zentralen Stadtentwicklungsthemen im Quartier beschäftigt: einmal mit dem Verkauf und der Entwicklung der Südost-Flächen auf dem Utopiastadt Campus und zum anderen mit dem drohenden Verkauf des städtischen Gebäudes, in dem das Autonome Zentrum (AZ) seinen Sitz hat und damit vertrieben würde.

Beide Entwicklungen sind in Bezug auf ihre Genese, die lokalen Akteure und die inhaltlichen Themen unabhängig voneinander und bedürfen einer individuellen Bearbeitung. Gemein ist beiden jedoch ein bedeutender Wert im und für das Quartier: Sie stellen multifunktionale (halb-)öffentliche Räume, sogenannte dritte Orte und Möglichkeitsräume für politisches, soziales und gemeinwohlorientiertes Engagement dar. Derartige Orte sind elementar für eine lebendige „Selbstmachstadt“, wie es das Leitbild der Stadtentwicklung formuliert. Beide Orte müssen deshalb geschützt werden.

Utopiastadt Campus: Im Trialog haben die Stadt Wuppertal, der ehemalige Eigentümer Aurelis und die gemeinnützige Utopiastadt GmbH ein Rahmenkonzept zur Entwicklung des Areals des Utopiastadt Campus von 2018 erarbeitet. In diesem wird die Fläche zwischen der Wüstenhofer und Uellendahler Straße als ein Gesamt-Möglichkeitsraum verstanden, der die Themen der gemeinwohlorientierten, experimentellen und zivilgesellschaftlichen Quartiersentwicklung bündelt.

  • Der Protestzug auf der Parkstraße.
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  • Bild von der Demo am Samstag.
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  • Parkplatz statt Bürgersteig in Elberfeld.
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In den letzten Jahren hat das Gelände, angefangen mit der erfolgreichen Ansiedlung des Kulturkinder- und Nutzgartens, mit der Durchführung des Solar Decathlon Europe (und Fortführung des Living Lab NRW) sowie mit unzähligen Aktionen und Veranstaltungen die Bedeutung und Wirksamkeit dieses Konzeptes bestätigt. Hier entstehen Ideen, werden ausprobiert und weiterentwickelt - zum Wohle des Standorts, des Quartiers und der Gesamtstadt. Nutzungen in diesem Sinne sollten auch zukünftig durch eine entsprechende Entwicklung der angrenzenden Flächen sichergestellt werden.

Wie aus der Presse (Artikel in der WZ vom 20. Januar 2023), den sozialen Medien (YouTube) und eigenen gut unterrichteten Kreisen entnommen werden kann, wurde die sogenannte „Südost-Fläche“ des Campus verkauft und die weitere Vermarktung einem Immobilienverwalter übertragen. Aus Sicht des Forums sollte die Stadt Wuppertal jedoch die Gestaltungsmöglichkeit für dieses Gelände dauerhaft in der Hand behalten, um – im eigenen Interesse – Entwicklungen auch langfristig aktiv steuern zu können.

Die Erschließung des Mirker Bahnhofs, sowie die mit öffentlichen Mitteln frisch renovierte Treppenanlage, der noch umzubauende Vorplatz und vor allem die Zufahrt zur Nordbahntrasse sollten unbedingt in städtischer Hand liegen. Diese Flächen müssen dauerhaft für eine öffentliche Nutzung gesichert sein. Bei einem Verkauf an einen privaten Investor wird es voraussichtlich nicht möglich sein, das Südostareal unter Beteiligung der Bürgerschaft einer gemeinwohlorientierten Lösung wie zum Beispiel den bereits vorhandenen Überlegungen (Proberaum des Orchesters, Jugendherberge, Ort zur Aus- und Weiterbildung etc.) zuzuführen.

Mit der Montag Stiftung Urbane Räume und den Wiesenwerken (Goldzack-Fabrik) hat die Stadt Wuppertal bereits gute Erfahrungen hinsichtlich einer Erbpacht und möglichen Konzeptvergaben gemacht. Mit diesen Werkzeugen könnte eine aktive Flächenpolitik möglich sein, um Schlüsselflächen zu sichern und die Gestaltungsoptionen der Stadt zu schaffen.

Das Forum:Mirke fordert deshalb, dass die Stadt Wuppertal ihr Vorkaufsrecht nutzt, die Fläche erwirbt und konzeptionell und inhaltlich entlang des eingangs erwähnten Utopiastadt Campus Rahmenkonzepts entwickelt bzw. diese Entwicklung durch Dritte ermöglicht.

Autonomes Zentrum: In der Mirke gibt es mit dem geplanten Moschee-Neubau an der Gathe ein weiteres großes städtebauliches Projekt, welches das Forum beschäftigt (hat).

Dass eine langjährige Institution wie das Autonome Zentrum (AZ) aus dem Quartier verdrängt werden soll, sieht das Forum:Mirke äußerst kritisch und spricht sich stattdessen für den Verbleib des AZ am bisherigen Standort aus. Das AZ, gehört zur Mirke genauso wie die Moschee für unsere Mitbürgerinnen und Mitbrger islamischen Glaubens und ist ein wichtiger Baustein der Vielfalt und Teilhabe in der Nordstadt.

Das AZ macht seit Jahrzehnten sowohl als Anlaufstelle für soziale Belange als auch mit seinem Kulturprogramm wichtige Quartiersarbeit und es wäre furchtbar kurzsichtige

Stadtentwicklungspolitik, hier durch den Verkauf städtischen Eigentums den Handlungsraum der Kommune weiter zu verringern und obendrein zwei sehr verschiedene und gleichzeitig sehr relevante Angebote für das Sozialleben im Quartier durch ungeschickte Flächenentwicklung ohne Not zu Konkurrenten zu machen.

In unserem Quartier, das ein Beispiel für das Zusammenleben unterschiedlicher Menschen mit unterschiedlichen Lebensweisen ist, sollte unbedingt ermöglicht werden, dass die Moschee- Gemeinde und das AZ unter Vermittlung bzw. Moderation der Stadt Wuppertal gemeinsam nach einer einvernehmlichen Lösung suchen, die den Verbleib des AZ im Quartier sichert und die Inklusion und Integration unterschiedlicher sozialer und weltanschaulicher Kulturen befördert.

Das AZ hat in der Mirke Tradition und muss weiterhin hier im Quartier Mirke bleiben. Das Forum:Mirke fordert die Stadt Wuppertal auf, in einen Prozess der Moderation einzutreten, der sowohl der Moschee-Gemeinde als auch dem Autonomen Zentrum einen Platz an der Gathe zusichert.

Inge Grau (für das Forum:Mirke)
Mitglied des Orgateams

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