Leserbrief „Konzept des Wirtschaftsministeriums ist weltfremd“

Betr.: Diskussion um Wärmepumpen und die Erweiterung des Fernwärmenetzes

 Wärmepumpen sind derzeit in aller Munde.

Wärmepumpen sind derzeit in aller Munde.

Foto: Verbraucherzentrale NRW

Die Wärmepumpe ist in aller Munde, wird vom Wirtschaftsminister als alleiniges Mittel zur Klimarettung protegiert. Was sich sicherlich für Ein- und Zweifamilienhäuser technisch relativ problemlos umsetzen lässt, gilt aber nicht für andere Bauten.

Die Wuppertaler Nordstadt, Teile von Wichlinghausen, Heckinghausen und Barmen haben viele Gründerzeithäuser mit schönen Stuckfassaden zu bieten. Viele stehen unter Denkmalschutz und wurden von ihren Eigentümern teilweise über Jahrzehnte und Generationen gepflegt und erhalten. Viele Häuser verfügen nur über sehr geringe Grundstücke, gerade ausreichend für Mülltonnen und die kleine, liebevoll gepflegte Hinterhof-Idylle mit Raucherecke und Sandkasten für die vielen Bewohner ohne Balkon. Viele Dächer dieser Häuser wurden in den 80er/90er-Jahren in Absprache mit dem Denkmalamt mit damals gängigen Dämmstoffen, Dachfenstern und Fenstern renoviert. Die meisten Häuser heizen heute dezentral mit Erdgas, einige mit Nachtspeicherheizungen.

Und jetzt soll in diesen Häusern alles anders werden! Kein Gas mehr, nur noch Wärmepumpe. Aus dezentralen Heizungen werden Zentralheizungen, komplette Neuinstallationen sind oft nötig, Austausch von Heizkörpern, Dacheindämmungen, neue Dachfenster und Fenster, Dämmung der Hinterhofseite mit 200 Millimetern Dämmung, dadurch werden die Balkonbreiten von einem Meter auf 80 Zentimeter reduziert. Nötige Versorgungsleitungen im Treppenhaus ziehen auch hier Renovierungsarbeiten nach sich.

Und dann die Wärmepumpe mit ihrem Platzbedarf im Hinterhof, einem Energiespeicher im Keller und einer Sicherheitsgastherme für die wirklich kalten Tage, wenn es die Wärmepumpe nicht schafft. Die Raucherecke und der Sandkasten werden verschwinden.

Während die Dacheindämmung erneuert wird, werden die beiden unter dem Dach liegenden Wohnungen nicht bewohnbar sein. Hier drohen Mietausfall, Klagen und hohe Renovierungskosten. Oder alternativ eine Dämmung von außen inklusive neuem Dach für 60.000 Euro.

Zur Klärung: Eine Wärmepumpe heizt das Haus nur, wenn alle Maßnahmen durchgeführt werden. Eine Photovoltaik-Anlage ist aufgrund des Denkmalschutzes und der Brandgefahr ohne neue Brandschutzkonzepte oft nur eingeschränkt möglich. Es sei hier auch angemerkt, dass Wärmepumpen Geräusche verursachen, die von gut hörenden Menschen gerade nachts recht gut wahrgenommen werden.

Insgesamt kommen schnell etwa 140.000 bis 175.000 Euro für ein etwa 400-Quadratmeter-Haus zusammen. Die Dämmung wird gefördert, Dachfenster, Wärmepumpe und teilweise die Fenster auch. Doch 80.000 bis 110.000 Euro verbleiben beim Eigentümer und seinen Mietern. Über stetige Mieterhöhungen wird sich das teils langjährige, vertrauliche Mietverhältnis schnell mit großem Konfliktpotenzial darstellen. Die Mieten werden explodieren, und Immobilienaufkäufer und Investoren werden ihr großes Geschäft machen.

Als privater Vermieter einer solchen Immobilie lässt man sich besser, trotz teils hoher Verkaufsverluste, auf einen schnellen Verkauf ein.

Doch warum diese unüberlegte große Eile mit der Wärmepumpe? Warum werden kommunale Versorgungsunternehmen wie die WSW nicht mit eingebunden und verpflichtet, ein Versorgungskonzept mit Fernwärme für solche Immobilien zu erstellen? Ganze Straßenzüge könnten so nach und nach ans Fernwärmenetz angeschlossen werden. Hausbesitzer könnten dann planen und je nach ihren Möglichkeiten früher oder später weitere Maßnahmen durchführen.

Das bisherige Konzept des Wirtschaftsministeriums mit der Wärmepumpe ist weltfremd in Innenstädten und liefert Potenzial für viele Konflikte. Es wird viele Mieter sehr stark belasten und ausgrenzen, und viele verantwortungsvolle Hauseigentümer um ihre Altersvorsorge bringen.

Ich denke, das kann niemand ernsthaft wollen. Deshalb meine Bitte an die Verantwortlichen dieser Stadt: Schauen Sie sich Ihre Stadt an, hören Sie auf Verbände und Handwerker, erstellen Sie ein Konzept für Ihre Stadt und ihre Einwohner und machen es über Medien, Landesregierung und Bundestag publik. Wirken Sie auf ihre Parteien ein.

Niemand wird sich ernsthaft gegen nachhaltigen Klimaschutz stellen, jeder wird sich nach seinen Möglichkeiten einbringen. Doch bitte nicht mit der vom Wirtschaftsminister eingeschlagenen Richtung, an deren Ende dann nur ganz wenige, heute noch nicht bekannte Beteiligte davon profitieren werden. Der Verkauf von Viessmann, der vom Wirtschaftsminister als unproblematisch eingestuft wurde, sollte uns hier allen zu denken geben.

Frank Müller

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