Eine schlechte Idee

Betr.: bergischer „Meer-Wert-Becher“, Rundschau vom 7. September

Da wird einfach die Argumentation der Umweltaktivisten nachgeplappert. Das Plastik in den Weltmeeren stammt nur zu einem Bruchteil aus Europa, es wird hauptsächlich aus den Flüssen Afrikas, Asiens und Amerikas dort hineingespült. Der Grund dafür liegt darin, dass in vielen dieser Länder die Wasserversorgung nicht geregelt ist. Es gibt kein Wasser aus der Leitung oder dieses ist nicht sicher, also greifen die Menschen zum Wasser in der Plastikflasche.

Jetzt behaupten viele, Europas Müll würde zwar nicht direkt in Europa in das Meer gekippt, sondern indirekt, etwa von Ländern wie Malaysia, die uns den Müll abkaufen. Sie kaufen uns den Müll ab, um ihn wegzuwerfen? Nein, die verbrennen ihn. Der verbrannte Müll treibt dort dann Turbinen an, die Energie liefern sollen. Wenn man also einen solchen Becher nutzt, dann doch bitte schlicht, um Müll zu vermeiden, auch wenn das werbetechnisch nicht so wirksam ist wie Seevögelmägen mit aufgefressenem Müll. Und „Klimawertbecher“ klingt auch einfach doof.

Der Becher ist, obwohl er das Klima retten will, eine schlechte Idee. Denn er probiert gegen die Bequemlichkeit der Menschen zu arbeiten. Das Schöne an Wegwerfbechern ist doch genau, dass ich sie nach Gebrauch nicht mit mir rumtragen, nicht mit nach Hause nehmen und nicht ausspülen muss.

Wenn der Becher 100 Prozent recycelbar ist, dann nehmt doch bitte kein Pfand, sondern lasst ihn uns einfach wegwerfen.

Warum das nicht passiert, ist übrigens ideologisch begründet: Die Politik geht in diesem Land in vielen Fällen noch von der Eigenverantwortung des Einzelnen aus, weswegen sie sich lediglich darum kümmern muss, den einzelnen zu nudgen (=anzustoßen). Dass viele Einzelne aber eine Gesellschaft bilden, die man politisch als Gesamtes steuern kann, was dummerweise Geld kostet, wird dabei gerne vergessen.

Denn der Vorgang des Recyclings könnte auch von der Stadtreinigung übernommen werden, würde aber wohl Geld, Zeit und Energie kosten. So wird der Bürger ermutigt, die Recycelbecher mit Wasser auszuspülen, einem so kostbaren Gut, das in anderen Ländern fehlt.

Heiko Schnickmann, unter anderem auch Umweltwissenschaftler

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