Wuppertaler Schauspiel Regen, Rave, roter Teppich

Wuppertal · Ein ungewöhnliches Experiment läuft zurzeit im Theater am Engelsgarten: In „Die Stunde da wir nichts voneinander wußten“ von Peter Handke wird kein Wort gesprochen. Ich war skeptisch, ob das funktioniert. Fazit nach 80 Minuten: Es funktioniert – und wie!

Einer der zahlreichen Momente der kaleidoskopartigen Wuppertaler Inszenierung von Peter Handkes "Die Stunde da wir nichts voneinander wußten".

Foto: Dana Schmidt

Inszeniert von Charlotte Arndt und Thomas Braus entfaltet sich auf leerer Bühne eine Bewegungs- und Situations-Performance mit 28 Menschen, die ein Kaleidoskop des Alltags und weit darüber hinaus darstellen.

Die Leitung dieser sehr exakten Performance hat Silvia Munzón López, die auch selbst mitspielt. Die überwiegende Mehrheit der anderen Darsteller sind „Laien“ aus Wuppertal – extra für dieses Format gecastet. Das Stück lebt von hoher Geschwindigkeit, blickfangender Kostümvielfalt, starken, „verrückten“ und stillen Momenten, wunderbarer Musik von Barock bis Rave-Sounds – und einer intensiven Geräuschgestaltung: Die erreicht vor allem bei einem Gewitter ihren Höhepunkt. Da meint man als Zuschauer, der der auf einem schmalen roten Teppich zusammengedrängten Theaterriege zusieht, selbst mitten im stürzenden Wasser zu kauern.

Peter Handke (einer der Darsteller ähnelt ihm sogar) wurde in den 90er Jahren vom quirligen Leben auf einem italienischen Platz zu diesem Stück inspiriert. Die Wuppertaler Inszenierung geht weit über „nur einen Platz“ hinaus. Das ist ein rasanter Ritt auf der Rasierklinge. Ein Beispiel dafür, was Theater (sein) kann. Oder anders gesagt: Leben live. Und am Ende kommt dann halt die Müllabfuhr ...

Weitere Aufführungen im Theater am Engelsgarten gibt es noch bis hinein in den November 2025.