Kommentar zum Pina-Bausch-Zentrum Nicht Provinz, nicht Pusemuckel

Wuppertal · Ja – das Pina-Bausch-Zentrum wird teurer werden. Aber mal ehrlich: Wundert das jemanden? Die Berechnungen, auf denen dieses für Wuppertal bedeutende – und meiner Meinung nach unverzichtbare – Projekt beruht, sind vier Jahre alt.

 Die drei Preisträger des internationalen Architekturwettbewerbes für das Pina-Bausch-Zentrum: In der Mitte Elizabeth Diller (New York, 1. Preis), links Sebastian Jehle (2. Preis, Berlin) und rechts Phillip Auer (3. Preis, München).

Die drei Preisträger des internationalen Architekturwettbewerbes für das Pina-Bausch-Zentrum: In der Mitte Elizabeth Diller (New York, 1. Preis), links Sebastian Jehle (2. Preis, Berlin) und rechts Phillip Auer (3. Preis, München).

Foto: Simone Bahrmann

Damals galten noch ganz andere Preise auf dem Bausektor als heute. Wie übrigens auch auf dem Energiesektor, in der Gastronomie oder im Supermarkt. Das wird immer gern (absichtlich?) vergessen, wenn über städtische Großprojekte berichtet und diskutiert wird.

Für die Preissteigerungen, von denen jeder weiß, können weder die Stadt Wuppertal noch ihr Gebäudemanagement etwas. Wer ein Projekt plant und dafür Fördergeld beantragt, muss die Kosten zum Zeitpunkt der Antragstellung nennen. Es wäre sicher nicht dumm, ist aber schlicht und ergreifend nicht zulässig, in einen entsprechenden Antrag ans Land und/oder den Bund zukunftsperspektivische Preiserhöhung hineinzuschreiben.

Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere ist die Bedeutung des zukünftigen Pina-Bausch-Zentrums für Wuppertal. Ich bin seit dem ersten Tag, an dem ich von dem Vorhaben gehört habe, ein solches Tanzzentrum, mit dem das Schauspielhaus wiederbelebt werden kann, davon begeistert.

Das bin ich, weil ich weit über die künstlerische Dimension von Pina-Bausch-Tanztheaterstücken hinaus sehr sicher bin, dass ein offenes, großes und architektonisch beeindruckendes Haus auf der Kulturinsel Kluse für diese Stadt große Möglichkeiten bietet: Zum Beispiel allein schon, weil sich dort ganz viele unterschiedliche Menschen begegnen können. Unter dem Dach einer farbigen Kulturinstitution, in der weit mehr als Tanztheater stattfinden wird. Ich bin fest davon überzeugt, dass das Pina-Bausch-Zentrum die Schwelle spürbar senken wird, die viele Menschen innerlich haben, wenn’s um Tanztheater geht.

Und Wuppertal wird mit diesem Projekt nationale und internationale Aufmerksamkeit gewinnen. Was ja fürs Tanztheater allein betrachtet jetzt schon gilt. Denn nein – da sind wir keine Provinz. Im Gegenteil. Da sind wir keine Pusemuckel-Kommune, die sich selbst verzwergt. Im Gegenteil.

Wer jetzt den Schritt zurück fordert, öffnet eben jenen Kategorien namens „Provinz“ und „Pusemuckel“ sperrangelweite Torflügel.

Unter anderem auch wegen eines Aspektes, den Kulturdezernent Matthias Nocke in der städtischen Kommission fürs Pina-Bausch-Zentrum auf den Punkt brachte: Die Alternative zum Bau des Pina-Bausch-Zentrums wäre der Abriss des architektonisch großartigen Schauspielhauses. Das steht zwar unter Denkmalschutz. Der aber, so Nocke, erlischt auf längere Sicht, wenn das Theater nicht als Theater (als das es gebaut wurde) genutzt wird. Schwer angeschlagen ist das Gebäude ja schon.

Eine dem Verfall preisgegebene Schrott-Immobilie an dieser exponierten Stelle? Ein städtebaulicher Offenbarungseid? Sich als Pina-Bausch-Stadt lächerlich zu machen von hier bis ich weiß nicht wo? Will Wuppertal das?

Vielleicht mal zur Erinnerung: Als die Stadthalle in den 90er Jahren aufwendig und umfangreich renoviert wurde, gab es erstens eine bedeutende Kostensteigerung zu den ursprünglichen Plänen – und natürlich viel öffentlichen Protest. Und dann beziehungsweise heute? In Wuppertal und weit, weit darüber hinaus sind die Menschen voll der Bewunderung über dieses wunderschöne Gebäude. Das längst zum Besuchermagneten geworden ist, wie jeder weiß.

Solche Anker muss eine Stadt haben. Um sich aus der Umklammerung von „Provinz und Pusemuckel“ zu lösen, braucht es Mut, Selbstbewusstsein und Stolz. Wuppertal kann das. Hat ja auch bei der einzigartigen Schwimmoper geklappt. Die ist nicht zu einem Weltraum-Center-Mist degradiert worden, sondern steht heute stolz auf dem Johannisberg.

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