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Wuppertaler Stadtarchiv: Der Familiengeschichte auf der Spur

Interview mit Stadtarchiv-Leiter Thorsten Dette : Der Familiengeschichte auf der Spur

Seite für Seite. Buch für Buch. Ein Großteil der Geburten-, Heirats- und Sterbeurkunden des Wuppertaler Stadtarchivs werden derzeit digitalisiert. Archivleiter Thorsten Dette sprach mit Rundschau-Redakteurin Nina Bossy über bis zu 200 Regalmeter, die ins Netz gehoben werden – und über die Suche nach Vorfahren.

Rundschau: Herr Dette, viele Originalbände des Stadtarchivs werden gerade gewälzt, um sie ins Digitale zu übertragen. Das Projekt wird von der „FamilySearch International“ durchgeführt, einer gemeinnützigen Einrichtung für Familiengeschichte und Genealogie. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Dette: „Wir haben uns schon etwas länger mit der Frage beschäftigt, wie wir unsere Unterlagen günstig digitalisieren können. Bereits einige andere Archive haben mit der aus Utah stammenden, gemeinnützigen Organisation ,FamilySearch’ zusammengearbeitet, unter anderem auch das Landesarchiv NRW. Schließlich haben wir uns entschlossen, ,FamilySearch’ zu kontaktieren. So kam es zu dieser Win-Win-Situation.“

Rundschau: Was ist der Gewinn für „FamilySearch“? Und was ist der Gewinn für das Archiv?

Dette: „,FamilySearch’ ist eine kirchliche Organisation. Und ihr Anliegen ist es, Familien über Generationen hinweg zusammenzuführen. All unsere Daten kostenfrei digitalisiert zu bekommen, bedeutet für uns und unsere Besucher zum einen eine enorme Arbeitserleichterung bei der Recherche. Zum anderen werden so die Originale geschont.“

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Rundschau: Die zu digitalisierenden Daten, das ist eine gewaltige Anzahl von Urkunden. Wer übernimmt diese Arbeit? Und wie viele Regalmeter müssen bewältigt werden?

Dette: „Zwei aus Spanien stammende Mitarbeiter der „FamilySearch“ kommen seit dem Sommer täglich ins Archiv und lichten jede Seite mit einem Hochleistungsscanner ab. Es ist beeindruckend, wie schnell die beiden arbeiten. Ich glaube, sie brauchen nur zwei Sekunden pro Seite.“

Rundschau: Welche Urkunden sind Teil der Digitalisierung?

Dette: „Alle im Stadtarchiv gelagerten Personenstandsunterlagen, also bis zu 200 Regalmeter Geburten-, Heirats- und Sterbeurkunden, die nicht datenschutzrelevant sind. Im Prinzip dürfen Geburtsurkunden 110 Jahre nach der Geburt, Heiratsurkunden nach 80 Jahren und Sterbeurkunden nach 30 Jahren eingesehen werden. Allerdings kann es datenschutzrelevante Vermerke auf den Urkunden geben. Deshalb werden zunächst nur die Geburtsurkunden bis 1900 und die Heiratsurkunden bis 1930 digitalisiert. Bei den Sterbeurkunden ist es weniger problematisch.“

Rundschau: Sie sprachen es bereits an, dass die Digitalisierung der Daten auch ein großer Vorteil für die Besucher des Archivs ist. Wer sind die Menschen, die sich für Wuppertaler Geburten-, Heirats- und Sterbeurkunden interessieren?

Dette: „Menschen, die auf der Suche nach ihren Ahnen sind. Das sind Wuppertaler sowie Besucher aus der ganzen Welt. Gerade Deutschstämmige aus Einwanderungsländern wie Australien, USA, Kanada oder auch Südamerika kommen nach Wuppertal, um der Geschichte ihrer Familie nachzuspüren. Manche gehen auch die Straßen ab, um ein Gefühl für ihre Familiengeschichte zu bekommen. Gerade während der Pandemie ist das Interesse an der eigenen Familiengeschichte übrigens stark gewachsen und dementsprechend auch die Anfragen an das Archiv.“

Rundschau: Wie weit reicht das Archiv eigentlich zurück? Und was ist das älteste Dokument in den Regalen?

Dette: „Unsere Bestände haben einen Umfang von etwa 6.500 Regalmetern. Die älteste Urkunde ist, wenn ich mich recht entsinne, aus dem Jahr 1356. Wir haben einen großen so genannten ,Altaktenbestand’, der viele Akten aus der Zeit vor der Gründung der Stadt Wuppertal im Jahr 1929 enthält, also auch aus dem 17.,18. und 19. Jahrhundert. Leider haben wir allerdings auch große Kriegsverluste.“

Rundschau: Sie sind Archivar: Wie viele Generationen Ihrer Familie können Sie selbst denn zurückverfolgen?

Dette: „Die Seite meines Vaters leider nur bis zu meinen Urgroßeltern. Die Familiengeschichte meiner Mutter kann ich allerdings bis 1392 zurückverfolgen. Da hat mein ältester nachvollziehbarer Vorfahre gelebt. Ein Weinhändler, ich glaube aus Kassel.“