Mode Welche Armbanduhren tragen deutsche Politiker?

Erinnert man sich heute an das Jahr 2018 zurück, erscheinen die Probleme und Schlagzeilen von vor vier Jahren recht etwas banal. Ein einziges Foto der SPD-Politikerin Sawsan Chebli mit einer Luxusuhr am Handgelenk sorgte damals bereits für Aufruhr und großen Unmut in der bürgerlichen Wählerschaft. Das Problem an Cheblis Uhr war vor allem der Umstand, dass es sich bei dem Modell der Sozialdemokratin und ehemaligen Berliner Staatssekretärin um eine Rolex handelte – das Status- und Machtsymbol schlechthin. Und das stieß so manch einem hierzulande sauer auf.

Welche Armbanduhren tragen deutsche Politiker?
Foto: Shutterstock/Andranik Hakobyan

Ein Blick auf die Handgelenke deutscher Politiker und Politikerinnen

Interessanterweise ist Cheblis Rolex wohl nur das Ziel bürgerlicher Anfeindungen, weil Name und Markenidentität weitgehend bekannt sind. Eine Rolex ist teuer, das weiß jeder. Dass Sawsan Chebli allerdings hin und wieder auch mit einer deutlich hochpreisigeren Uhr von Cartier zu sehen ist, scheint als Thema für hitzige Debatten nicht sonderlich interessant. Es ist und bleibt die Rolex als Projektion von Reichtum und Luxus, die die Politikerin in Verruf brachte. Ein Bild, das für einen Großteil der Wählerschaft mit einer Sozialdemokratin einfach nicht zusammenpasst. Der große Skandal um Cheblis Rolex liegt inzwischen bereits mehrere Jahre zurück. Hat man in der deutschen Politik aus dem Image-Problem der Schweizer Luxusmarke gelernt? Ein Blick auf die Uhren deutscher Politiker und Politikerinnen verrät mehr.

Modernes Understatement bei Bundespräsident Steinmeier

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gilt nicht nur als ziemlich bodenständig, sondern wäre gerne Sportler geworden, wenn es ihn nicht in die Politik gezogen hätte. Eine goldene Rolex oder eine elegante, aber unwahrscheinlich teure Uhr der Marke Patek Philippe würden das Bild des Bundespräsidenten in Fremd- und wahrscheinlich auch Eigenwahrnehmung erheblich stören. Tatsächlich trägt Steinmeier eine mechanische Armbanduhr der Luxusmarke Nomos Glashütte. Sein Modell der Serie Tangente war ein Geschenk seiner Ehefrau Elke Büdenbender und ist für etwa 900 Euro erhältlich. Damit zählt diese Uhr ganz klar zu den günstigeren im Luxussegment und strahlt eine gewisse Bodenständigkeit aus. 

Bescheidenheit bei Olaf Scholz und Angela Merkel

Das Kanzleramt mag zwar in der Hierarchie nach dem Bundespräsidenten kommen, ist dafür aber ungleich stärker in der Öffentlichkeit vertreten. Als Aushängeschild Deutschlands in der Welt liegt auch das internationale Augenmerk in der Regel stärker auf unserem Bundeskanzler als auf unserem Bundespräsidenten. Deutschlands neuer Bundeskanzler Olaf Scholz tritt, was die nach außen hin getragene Bescheidenheit angeht, in die Fußstapfen von Alt-Kanzlerin Angela Merkel und glänzt durch Zurückhaltung. Während Merkel auf günstige Uhren von Marken wie Boccia für knapp 90 Euro setzt, sieht man Scholz meist ohne eine Armbanduhr.

Lindners Hang zum Luxus

Anders handhabt es FDP-Vorstand und Vorzeige-Unternehmer Christian Lindner. Mit perfekt sitzenden Anzügen und einem charismatischen Lächeln sieht man den Finanzminister immer wieder mit einer massiven Edelstahluhr am Handgelenk. Bei genauerer Betrachtung fällt dem geübten Auge dann auch das Modell auf: eine Rolex Milgauss. Mit einem Weicheisenkäfig im Gehäuse ist diese Armbanduhr besonders magnetresistent, denn ursprünglich wurde sie für die Forschenden beim Teilchenbeschleuniger des CERN (Europäische Organisation für Kernforschung) entwickelt. Dieses eher untypische Modell der Marke ist für Laien kaum als Rolex zu erkennen und sorgt deshalb möglicherweise für weniger Aufsehen als Cheblis Rolex Datejust. Diese ist nämlich ein absoluter Klassiker aus dem Rolex Sortiment und daher vielen bekannt. Gelegentlich trägt Lindner auch weniger sportliche Modelle, wie zum Beispiel die Portugieser 7 Days der Marke IWC. Allgemein lässt sich jedoch sagen, dass dem Politiker Luxusuhren sehr zu gefallen scheinen.

Alice Weidel: Wasser predigen, Rolex tragen

Während über SawsanChebli ein regelrechter Shitstorm hereinbrach und sie sich aufgrund rechter Hetze sogar dazu gezwungen sah, ihren Facebook-Account zu deaktivieren, löste die Wahl der Armbanduhr einer anderen Dame komischerweise keine derartigen Reaktionen in der Öffentlichkeit aus. 

Die Rede ist von AfD-Politikerin Alice Weidel. Die Fraktionsvorsitzende der rechtspopulistischen Partei ist ohnehin eine eher ambivalente Persönlichkeit. Als deutsche Politikerin wohnt und zahlt sie Steuern in der Schweiz und steht für eine Partei, die ein klassisches Familienbild à la Vater-Mutter-Kind als das einzig Richtige predigt, zieht gleichzeitig jedoch mit ihrer aus Sri Lanka stammenden Frau zwei Adoptivsöhne groß. Ganz nebenbei schimpft sie regelmäßig auch gegen Ausländer und Muslime, beschäftigt angeblich aber eine Asylbewerberin und eine Studentin der Islamwissenschaften in Schwarzarbeit als Haushaltshilfe. Bei so vielen Widersprüchen dürfte es auch niemanden wundern, dass man sich als gut bürgerliche, für den kleinen Mann einstehende Parteivorsitzende ebenfalls mit einer Rolex am Handgelenk zeigt. Bei der Uhr von Alice Weidel handelt es sich übrigens um ein ganz ähnliches Modell wie dem von Chebli. Eine große Reaktion darauf blieb jedoch aus.

Altes Eisen? Ganz im Gegenteil!

Während einige Politiker und Politikerinnen auf Luxusgüter vertrauen, was letzten Endes natürlich vollkommen in Ordnung ist, jedoch oftmals überhaupt nicht ins Bild zu passen scheint, greifen die meisten tatsächlich eher zu zurückhaltenden Zeitmessern. 

Wolfgang Schäuble, zuletzt Präsident des Deutschen Bundestages, trug so zum Beispiel eine Junghans Berlin Mega Solar Ceramic, die seinerzeit (1998) knapp 850 DM kostete. CDU-Politiker Peter Altmaier griff hingegen zu einer Grenen Leather Watch des nordischen Designstudios Skagen. Der Preis liegt hier bei moderaten 159 Euro. Dietmar Bartsch von der Linkspartei setzte wiederum auf eine batteriebetriebene Uhr von Citizen. Die meisten Regierenden unserer Bundesrepublik legen also trotz hoher Diäten keinen großen Wert auf Statussymbole – zumindest keine derart offensichtlichen wie eine Luxusuhr.

Ein Beispiel abseits von Zeitmessern

Bei genauerem Hinsehen fallen einem dann aber doch hin und wieder einige Luxusgüter auf. Wirft man beispielsweise einen kurzen Blick auf den feinen Zwirn von Gerhard Schröder, Altkanzler und eiserner Verfechter der Currywurst, fällt dem geschulten Auge ebenfalls etwas auf: Brioni. Der italienische Luxus-Herrenausstatter fertigt seit jeher einige der edelsten – und ein paar der teuersten – Anzüge. Präsidenten und Superstars vertrauen auf die handgefertigte Mode von Brioni – und eben auch Schröder, der die feinen Anzüge aus Rom regelmäßig trug. Ihn traf allerdings auch das gleiche mediale Schicksal wie Sawsan Chebli mit ihrer Rolex Uhr. Den SPD-Politikern sind luxuriöse Sachen scheinbar einfach nicht vergönnt. Und das bei einer Arbeiterpartei, die sich unter anderem für den sozialen Aufstieg stark macht.

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