Verkaufsoffene Sonntage Ist jetzt Schluss mit dem "Bürokratiemonster"?

Wuppertal · Am Mittwoch um 15 Uhr hat die CDU-FDP-Landesregierung mit dem "Entfesselungspaket 1" neue Möglichkeiten für verkaufsoffene Sonntage auf den Weg gebracht. Einen Tag später gab es bei der IHK einen Abend mit Fach-Infos und Kurzdiskussion.

 Volles Haus in der Poststraße — ein übliches Bild bei verkaufsoffenen Sonntagen. Um deren Zustandekommen zu erleichtern, hat die Landesregierung ein neues Ladenöffnungsgesetz erlassen.

Volles Haus in der Poststraße — ein übliches Bild bei verkaufsoffenen Sonntagen. Um deren Zustandekommen zu erleichtern, hat die Landesregierung ein neues Ladenöffnungsgesetz erlassen.

Foto: Louisa Rohde

Zu Gast war Staatsrechtler Professor Johannes Dietlein von der Uni Düsseldorf. Er sieht im neuen Gesetzeszuschnitt für die Erlaubnis von jetzt jährlich acht verkaufsoffenen Sonntagen "eine Pionierleistung in Deutschland". Die neue Gesetzeslage bringe deutliche Erleichterungen — und sie ist seiner Meinung nach "ganz klar auf der Linie des Bundesverfassungsgerichtes". Die früheren Vorschriften mit der Forderung nach belegbaren Besucherprognosen und dem Gegensatzpaar von Sonntagsöffnungsanlass und Einkaufsinteresse bezeichnete Dietlein als "Bürokratiemonster".

Die Möglichkeit, offene Sonntage mit Festen, Messen oder Märkten zu verknüpfen, gibt es auch weiterhin. Neu ist aber jetzt die Möglichkeit, dass die Kommunen offene Sonntage aus mehreren Gründen des öffentlichen Interesses genehmigen: Um ein vielfältiges, stationäres Einzelhandelsangebot oder einen zentralen Versorgungsbereich zu erhalten, zu stärken oder zu entwickeln, um Innenstädte, Ortskerne, Stadt- oder Ortsteilzentren zu beleben — und um die Kommune als attraktiven und lebenswerten Standort überörtlich sichtbar zu machen. In diesen Facetten erkennt Staatsrechtler Dietlein viel Potenzial für die Städte: "Damit können und sollten die Gemeinden eine Steuerung übernehmen."

Auf wenig Gegenliebe stößt das neue Gesetz bei der Gewerkschaft Ver.di, an deren Klagen zuletzt fast alle in Wuppertal versuchten offenen Sonntage gescheitert waren. ver.di-Anwalt Wilhelm Achelpöhler: "Das ist ein unglückliches Signal zur Liberalisierung von Sonntagsarbeit." Man werde selbstverständlich weiterhin vor Gericht ziehen. Achelpöhler, der aus Münster kommt, erinnerte an einen dortigen Bürgerentscheid, bei dem sich eine Mehrheit der Bevölkerung gegen offene Sonntage ausgesprochen hatte. Er empfahl Gleiches — oder aber einen von der Politik selbst auf den Weg gebrachten Ratsbürgerentscheid — für Wuppertal.

Staatsrechtler Dietlein hatte zuvor von Umfragen gesprochen, nach denen 60 Prozent der Bevölkerung für flexiblere Sonntagsöffnungen votieren, 40 Prozent dagegen. Katrin Becker, Centermanagerin der City-Arkaden, betonte die Image-Bedeutung von offenen Sonntagen für Marketing, Stadtentwicklung und die Positionierung gegen den Online-Handel. Becker: "Die Umsätze stehen gar nicht mehr so im Vordergrund." Der wegen Kurzfrist-Klage geplatzte Sonntag Anfang Dezember 2017 habe allerdings in Elberfeld mindestens einen Schaden von etwa 70.000 Euro verursacht.

Stocksauer ist nach wie vor Handelsverbandsgeschäftsführer Ralf Engel: Darüber, dass ver.di "seit über einem Jahr nicht mehr an den Konsensverhandlungen teilnimmt". Wie wichtig die sind, schilderte Jan Welzel, Dezernent für Recht und Ordnung in Solingen: Dort habe man sich stets — wenn es auch nicht immer leicht gewesen sei — mit allen Beteiligten, inklusive Gewerkschaft und Kirchen, einigen können.

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