Berufsleben Ist die Probezeit mehr Chance oder mehr Risiko?

In den allermeisten Arbeitsverträgen ist die Probezeit eine feste Größe. Sogar im Bürgerlichen Gesetzbuch ist sie im Paragraf 622 benannt.

 Wer einen Arbeitsvertrag unterschreibt, stimmt damit meist einer sechsmonatigen Probezeit zu. Viele Arbeitgeber empfinden die Probezeit als Knebel, obgleich sie die Chance bieten soll, das Miteinander auf die Probe zu stellen.

Wer einen Arbeitsvertrag unterschreibt, stimmt damit meist einer sechsmonatigen Probezeit zu. Viele Arbeitgeber empfinden die Probezeit als Knebel, obgleich sie die Chance bieten soll, das Miteinander auf die Probe zu stellen.

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Dort steht nämlich, dass während der Probezeit das Arbeitsverhältnis schneller gekündigt werden kann – nämlich binnen zwei Wochen anstatt binnen vier, acht, zwölf oder mehreren Wochen. Diese Tatsache sowie die erschwerten Spielregeln, die bei einer Kreditaufnahme während der Probezeit gelten, sind Grund genug dafür, dass Arbeitnehmer die Probezeit als „Knebel“ verstehen, als Unsicherheitsfaktor. Stattdessen könnte die Probezeit auch als Testphase begriffen werden, die auch dem Arbeitnehmer nützt.

Die wichtigsten Kernfakten rund um die Probezeit

Nicht jeder Job beginnt mit einer Probezeit. Wenn der Arbeitgeber sich selbst und seinem Angestellten eine Probezeit ermöglichen möchte, dann muss das im Arbeitsvertrag stehen. Auch die Dauer der Probezeit wird im Vertrag vermerkt, wobei gesetzlich geregelt ist, dass die Probezeit nicht länger als sechs Monate sein darf. Die Kündigungszeit während der Probezeit ist verkürzt, umfasst aber dennoch zwei Wochen. Darüber hinaus gibt es Sonderregelungen rund um die Probezeit, wie etwa die Regelung, dass eine zunächst kurze Probezeit, von beispielsweise drei Monaten, durchaus verlängerbar ist – auf die Höchstzeit von sechs Monaten. Auch bei längerer Arbeitsunfähigkeit ist die Verlängerung der Probezeit denkbar. Bei Azubis ist eine Verlängerung der Probezeit nur rechtens, wenn der Azubi ein Drittel der Ausbildungszeit krank war.

Obgleich viele Arbeitnehmer die Probezeit als Bürde verstehen, ist sie im Job nur von Vorteil, da beide Seiten prüfen können, ob sie im Arbeitsalltag gut miteinander klarkommen können. Einen Dämpfer erhält so manch einer Angestellter in der Probezeit, wenn es darum geht, teure Träume zu verwirklichen, denn bei hohen Kreditsummen, die aufgenommen werden wollen, ist die Probezeit ein Manko, das sich beispielsweise in teuren Zinsen niederschlagen könnte. Um den Kredit – beispielsweise für eine neue Immobilie im Dietrich-Bonhoeffer-Weg – dennoch bewilligt zu bekommen, raten Finanzexperten dazu, in jedem Fall ehrlich zu sein, denn eine Probezeit zu verschweigen, könnte zur Kündigung des Kreditvertrags führen. Darüber hinaus hilft es, einen zweiten Kreditnehmer mit Sicherheiten mit in den Vertrag aufzunehmen. Das erhöht die Chancen auf bessere Konditionen.

Die Probezeit – eine Testphase für beide Seiten

Statistische Erhebungen zeigen, dass jeder fünfte Arbeitnehmer bereits in den ersten Monaten im Job, also eben genau in der Probezeit, bemerkt, dass der Job doch nicht der Passende ist. Zwischen der Theorie aus der Anzeige, dem Bewerbungsgespräch und der Euphorie über den Arbeitsvertrag liegt nämlich die Praxis – und die sieht im Job oft ganz anders aus. Da Worst-Case-Szenario sieht wohl so aus: Aufgabenbereich, Umfeld und auch Kollegen sind nicht das, was einen morgens freudig aufstehen lässt, sondern sie dienen eher als Grund, um den Bus zur Arbeit zu verpassen. Karriereberater raten dazu, die sprichwörtliche Flinte nicht sofort ins Korn zu werfen, sondern Job, Unternehmen und Kollegen mindestens 100 Tage zu geben.

Während dieser 100 Tage oder auch über die ganze Probezeit hinweg sollte diese Frage ehrlich beantwortet werden:

  • Fühlt sich der tägliche Arbeitsalltag gut an oder schwingt ein Gefühl der Unter- oder Überforderung mit?
  • Ist die Arbeit im Team und mit den neuen Kollegen nur neu oder macht sich ein Gefühl des Außenseitertums breit?
  • Besteht die begründete Sorge, dass Unternehmen, Kollegen, Arbeit und Alltag langfristig einen schlechten Einfluss auf die Psyche und das körperliche Wohlbefinden haben könnten?
  • Hat sich herausgestellt, dass die eigenen beruflichen Ideale und Vorstellungen nicht mit den Unternehmenswerten kompatibel sind?

Summa summarum gibt es viele Gründe, die für eine Kündigung noch während der Probezeit sprechen. Doch was dann?

Wie funktioniert die Kündigung während der Probezeit und was hat sie für Folgen?

 Wer während der Probezeit kündigt oder gekündigt wird, der muss ich um einen neuen Job bemühen. Im Bewerbungsgespräch kommt dann oft die Frage auf die Kündigung in der Probezeit.

Wer während der Probezeit kündigt oder gekündigt wird, der muss ich um einen neuen Job bemühen. Im Bewerbungsgespräch kommt dann oft die Frage auf die Kündigung in der Probezeit.

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Die Kündigung in der Probezeit erfolgt meist in einfacher, schriftlicher Form. Das bedeutet, dass nach einem Gespräch mit dem Vorgesetzten die Kündigung überreicht und das weitere Vorgehen besprochen wird. Eine Aussprache ist denkbar, aber keine Pflicht. Je nach Absprache und auch nach Aufgabenbereich endet das Beschäftigungsverhältnis umgehend oder eben binnen der gesetzlichen Frist von zwei Wochen. 

Doch was folgt dann?

Für die meisten bedeutet eine Kündigung (eine selbst initiierte oder auch eine vom Arbeitgeber ausgesprochene) den raschen Verlust der Arbeitsstelle – und damit auch der Einkommensquelle. Leichter tun sich deswegen alle jene, die Unterstützung im privaten Bereich bekommen und den Halt haben, auch eine finanzielle Durststrecke meistern zu können. Infolgedessen bedeutet eine Kündigung auch, dass eine erneute Jobsuche ansteht.

Spätestens dann, wenn die Jobsuche greifbarer wird und Bewerbungsgespräche anstehen, kann die Kündigung während der Probezeit zur Sprache kommen, denn diese ist durchaus ein kleines Manko im Bewerbungsschreiben. Doch wie reagiert ein Bewerber richtig auf die Frage, warum es zur Kündigung während der Probezeit kam? Der richtige Weg ist weder eine Rechtfertigung anzustreben noch in eine Verteidigungspose zu gehen. Es ist zielführender, zu erläutern, welchen Lerneffekt die Kündigung hatte – Firmeninterna oder Schuldzuweisungen sind an dieser Stelle fehl am Platz, Selbstreflexion hingegen ist eine Stärke, die Arbeitgeber schätzen. Zudem kann sich der neue Arbeitgeber dann sicherer sein, dass nach einer etwaigen, beruflichen Trennung keine schmutzige Wäsche gewaschen wird.

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