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Interview: „Talflimmern“ - eine Wuppertaler Institution im Kulturleben: "Ein kommunikativer Ort"

Interview: „Talflimmern“ - eine Wuppertaler Institution im Kulturleben : "Ein kommunikativer Ort"

1998 gab es zum ersten Mal Open-Air-Kino in der Stadt, ab 2002 dann jeden Sommer im Innenhof der Alten Feuerwache — unter dem Namen "Talflimmern". Macher des Events sind Mark Rieder und Mark Tykwer. WR-Redakteurin Sabina Bartholomä sprach mit Mark Tykwer über das Projekt.

Rundschau: "Talflimmern" hat in diesem Jahr bei den Besucherzahlen enorm zugelegt. Wegen des Wetters, oder gibt es andere Gründe?

Tykwer: Natürlich spielt das Wetter bei Freiluftveranstaltungen eine ganz zentrale Rolle. Und insgesamt ist der Andrang in diesem Sommer auch wirklich phänomenal. Aber den Rekord von 2013 werden wir nicht knacken. Dennoch: Die Auslastung von "Talflimmern" liegt seit vier, fünf Jahren auf einem erfreulich hohen Niveau, und ich habe den Eindruck, dass die Veranstaltung mittlerweile fest im Wuppertaler Kultursommer verankert ist. Selbst das heftige Sturmtief am letzten Juli-Wochenende konnte dem Betrieb nichts anhaben: Trotz der widrigen Bedingungen kamen 500 Besucher in die Häuserschlucht hinter der Alten Feuerwache. Man sitzt dort selbst bei extremer Witterung windgeschützt, es können keine Bäume umfallen, und die großen Planen bändigen den Regen.

Rundschau: Hat sich die Altersstruktur der Besucher verändert?

Tykwer: Ja, und das ist eigentlich die erfreulichste Entwicklung der letzten Jahre. Wir haben nicht nur insgesamt zugelegt, sondern das Publikum ist klar jünger geworden. Das hat vielerlei Gründe: Einerseits versuchen wir ganz gezielt, über die Programmgestaltung und die sozialen Netzwerke auch die unter 30-Jährigen zu erschließen. Ganz entscheidend aber ist die in den letzten Jahren entstandene "Achse" Uni-Mirke/Utopiastadt. Ich glaube, da steckt ein irres Potenzial drin. Die Stadt verändert sich, und die Kids kommen auch zum "Flimmern".

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Rundschau: Kommen auch Kinofans von außerhalb, die die besondere Atmosphäre lieben?

Tykwer: Es gibt tatsächlich richtige Open-Air-Touristen, die sich durch alle Freiluftkinos der Region hangeln. Und nicht selten werden wir für die sehr spezielle Atmosphäre beim "Talflimmern" gelobt.

Rundschau: Nach welchen Kriterien wählen Sie die Filme aus?

Tykwer: Ich gehe viel ins Kino und versuche, ein Gespür für die Entwicklungen im Filmschaffen zu bekommen. Meist stehen dann im Mai etwa 50 Filme auf unserer "Shortlist". Die gehe ich dann mit meinem Kompagnon Mark Rieder und meiner Frau Nicole systematisch durch, bis alle Termine sinnvoll besetzt sind. Das ist ein langwieriger Prozess, aber ich liebe das Programmieren.

Rundschau: Reagieren Sie dabei auch auf aktuelle Ereignisse, politische oder kulturelle?

Tykwer: Unbedingt. Obwohl die Sondervorstellung zu Pina Bauschs 75. Geburtstag ja erst nachträglich ins Programm aufgenommen wurde. "Talflimmern" ist ein kommunikativer Ort.

Rundschau: Welcher Film war das bisherige Highlight?

Tykwer: Der Erfolg unserer Vorpremiere des Berlinale-Gewinners "Taxi Teheran" hat mich schon ziemlich überrascht. Wir wurden dermaßen überrannt, dass wir einen Zusatztermin einrichten mussten — und auch der war voll.

Rundschau: Gab es auch einen Flop?

Tykwer: Nein.

Rundschau: Werden Sie das Konzept auch im nächsten Jahr unverändert übernehmen?

Tykwer: Es wird immer wieder leichte Modifikationen geben. Aber insgesamt ist das "System Talflimmern" ausgereift, denke ich.

Rundschau: Was ist dran an den Gerüchten, dass sich Mark Tykwer von 'Talflimmern' verabschieden möchte?

Tykwer: De facto fallen die Sommerferien für mich und meinen Mitstreiter Mark Rieder seit beinahe zwei Jahrzehnten aus. Da stellt man sich schon mal die Frage, wie lange man sowas wohl macht. Aber seitdem das Publikum wieder jünger wird, erscheint mir das "Talflimmern" sinnvoller denn je.